Hobelspäne ohne abstumpfende Wirkung sind keine geeigneten Streumittel für einen eisglatten Gehweg. Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm in dem Schadensersatzprozess einer auf einem eisglatten Gehweg gestürzten Fußgängerin festgestellt und die für die Verkehrssicherungspflicht Verantwortlichen in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Arnsberg zum Schadensersatz verurteilt.

Die im Jahre 1954 geborene Klägerin aus Möhnesee stürzte im Januar 2011 auf dem Gehweg der Poststraße vor dem an die Zweitbeklagte vermieteten Haus der Erstbeklagten. Den eisglatten Gehweg hatte die Zweitbeklagte mit Hobelspänen abgestreut. Bei dem Sturz brach sich die Klägerin einen Oberarm. Ihre Verletzung musste in der Folgezeit operiert werden. Im vorliegenden Prozess hat die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihr die sturzbedingten, derzeit noch nicht näher zu beziffernden Schäden zu ersetzen. Die Beklagten haben gemeint, ihrer winterlichen Streupflicht mit dem Aufbringen der Hobelspäne genügt zu haben. Die Zweitbeklagte hatte zudem geltend gemacht, dass ihre Streumittel aufgrund der seit Dezember 2010 herrschenden extremen winterlichen Verhältnisse seinerzeit aufgebraucht und andere Streumittel nicht mehr zu erwerben gewesen seien.

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat mit seinem Urteil vom 24.11.2014 festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin 50% des ihr durch den Sturz auf dem Gehweg entstandenen Schadens zu ersetzen.

Die Klägerin habe nachgewiesen, dass sie auf dem glatten Bürgersteig vor dem Haus der Beklagten ausgerutscht und gestürzt sei. Die Glätte beruhe auf einem verkehrswidrigen Zustand des Gehweges, für den beide Beklagten verantwortlich seien.

Die Zweitbeklagte habe nach dem Mietvertrag den Winterdienst zu erledigen gehabt. Diese Pflicht habe sie mit dem Streuen der Hobelspäne verletzt. Nach den Feststellungen des vom Senat gehörten Sachverständigen hätten die verwandten Hobelspäne keine abstumpfende Wirkung gehabt, weil sie sich mit Feuchtigkeit vollgesaugt hätten und so zu einer Art Eisflocken mit Rutscheffekt geworden seien. Sie seien deswegen als Streumittel ungeeignet gewesen, was die Zweitbeklagte durch eine Untersuchung vor Ort leicht habe feststellen können. Darauf, keine anderen Streumittel zur Verfügung gehabt zu haben, könne sich die Zweitbeklagte nicht berufen, weil sie nicht konkret dargetan habe, in welchem Umfang sie sich zuvor bevorratet und wo sie vergeblich Streugut zu beschaffen versucht habe.

Die erstbeklagte Eigentümerin, der der Einsatz der Hobelspäne bekannt gewesen sei, hafte, weil sie die ihr insoweit obliegende Aufsichts- und Kontrollpflicht verletzt habe.

Die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten bestehe jedoch nur in einem reduzierten Umfang, weil die Klägerin zu 50% für den Unfall mitverantwortlich sei. Sie habe eine erkennbar glatte Stelle betreten und sei gestürzt, nachdem sie zuvor den als vereist erkannten Gehweg gemieden habe und auf dem freigeregneten Bereich der Fahrbahn gegangen sei. Auch wenn sie wegen eines Pkw kurz vor dem Unfall von der Fahrbahn auf den Gehweg gewechselt sei, wäre es zu ihrem Eigenschutz geboten gewesen, die Vorbeifahrt des Pkw am Fahrbahnrand abzuwarten und ihren Weg erst dann auf dem freigeregneten Bereich der Fahrbahn fortzusetzen.

Urteil des 6. Zivilsenats vom 24.11.2014 (6 U 92/12)

Our website is protected by DMC Firewall!