Gelsenkirchen: Mit dem Oktober hält die dritte Jahreszeit endgültig Einzug, bald werden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Auch für den Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen bricht mit dem zehnten Monat alljährlich eine "neue" Zeit an, die Zeit der Gehölzpflege an Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen.

Ein "neuer" Begriff rückt dabei dieses Jahr in den Vordergrund, die "selektive Bestandspflege". Sie soll mittelfristig das bislang praktizierte "auf den Stock setzen", bei dem die Gehölze wenige Zentimeter über dem Boden gekappt werden, weitgehend ersetzen. Gänzlich aus dem Landschaftsbild verschwinden wird letztere Methode gleichwohl nicht, denn es gelten Ausnahme- und Übergangsregelungen.

Gehölze am Straßenrand erfüllen wichtige Funktionen: Sie dienen als Sicht-, Blend- und Windschutz oder sichern durch ihre Wurzeln eine Böschung ab. Gleichzeitig stellt das "Straßenbegleitgrün" einen Lebensraum für Säugetiere, Vögel und Insekten dar. Eine Lärmschutzfunktion erfüllen Gehölzstreifen entgegen landläufiger Meinung allerdings nicht. Damit die Vegetation ihren verschiedenen Aufgaben gerecht werden kann, finden turnusgemäß im naturschutzrechtlich vorgesehenen Zeitraum bis Ende Februar Gehölzpflegearbeiten statt.

Verkehrssicherheit hat oberste Priorität

Oberste Priorität hat für Straßen.NRW dabei die Verkehrssicherheit: Kranke und alte Bäume verlieren ihre Standfestigkeit und könnten Auto- oder Radfahrer und Fußgänger gefährden. Zweige, die in den Verkehrsraum ragen, könnten Fahrzeuge beschädigen. Auch die freie Sicht in Kurven und entlang der Strecke muss gewährleistet sein. Fachleute sprechen hier von "Sichtflächen". Ebenso dürfen Schilder, Leitpfosten, Ampeln und Kreuzungen nicht durch Pflanzen verdeckt sein. Nicht immer muss ein Baum dafür gleich gefällt werden, in manchen Fällen genügt ein fachgerechter, regelmäßiger Rückschnitt. Mitunter kann "Pflege" jedoch bedeuten, dass auch stärkere Bäume in größerer Zahl entfernt werden müssen, um potenzielle Gefahrenquellen zu beseitigen.

Bei der "selektiven Bestandspflege" werden Sträucher, die im Randbereich zur Straße stehen, zurückgeschnitten, im hinteren Bereich werden einzelne Bäume entfernt, damit deren Nachbarn freier stehen. In den dabei entstehenden Zwischenräumen kann sich dann eine neue Pflanzengeneration entwickeln. Vollkommen neu ist diese Vorgehensweise für den Landesbetrieb nicht. "Das ist in den vergangenen Jahren an vielen Strecken bereits praktiziert worden, da haben wir es nur noch nicht explizit so genannt", betont Frank Eilermann, Fachmann für Grünpflege bei Straßen.NRW. Bei rund 40 Prozent der Gehölzpflegemaßnahmen in der Saison 2014/2015 wird der Landesbetrieb bereits zur "selektiven Bestandspflege" greifen.

"Selektive Bestandspflege" nicht immer möglich

Aber nicht immer ist die selektive Methode möglich. "Sie eignet sich vor allem dann, wenn bereits ausreichend Bäume vorhanden sind, die auch allein stehend noch stabil und sicher sind. Stehen die Bäume hingegen sehr dicht aneinander und sind vor allem schlanke Exemplare enthalten, ist weiterhin das flächige 'auf den Stock setzen' erforderlich, da die einzelnen Bäume für sich nicht stabil genug stehen würden", erklärt Frank Eilermann. Das ist häufig bei Altbeständen der Fall, hier gelten entsprechend Übergangsregelungen. Ferner gelten die überarbeiten Pflegerichtlinien nicht für Gehölze, die lediglich in einem Abstand von drei bis fünf Metern zum Fahrbahnrand stehen. Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr im Rahmen der Verkehrssicherheitspflicht bleiben ebenfalls unberührt.

Durch gezieltes "auf den Stock setzen" werden die Gehölze wenige Zentimeter über dem Boden gekappt. Was für Außenstehende häufig nach einem "Kahlschlag" aussieht, hilft der Natur dabei, sich zu verjüngen und neu aufzustellen. "Wenn Bäume zu eng gehalten werden, haben sie kaum Platz für ein Wachstum in die Breite und es entsteht ein Konkurrenzkampf um Raum, Wasser und Mineralstoffe zwischen den benachbarten Gewächsen. Auch Kräuter und andere kleine Pflanzen bekommen kaum Luft und Licht", so Frank Eilermann.

Die geplanten Maßnahmen der Gehölzpflege meldet Straßen.NRW grundsätzlich an die zuständigen Landschaftsbehörden der jeweiligen Landkreise und kreisfreien Städte. Die einschlägigen Vorschriften zu natur- und artenschutzrechtlichen Belangen werden gemäß dem Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen und dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) beachtet.

Die Gehölzpflegemaßnahmen führen entweder Straßen.NRW-Mitarbeiter durch oder beauftragte Unternehmen. Vor einem Jahr haben die Arbeiten Straßen.NRW rund 19 Millionen Euro gekostet.

Die größten Maßnahmen in dieser Saison an Autobahnen:

A1 bei Lengerich: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A1 bei Ascheberg: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A1 bei Unna Massen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A2 bei Bergkamen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A2 bei Bad Oeynhausen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A236 bei Dortmund-Derne: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A3, Anschlussstelle Solingen bis Autobahnkreuz Hilden: Läuterung

A3, Anschlussstelle Siebengebirge bis Bad Honnef: Läuterung, Funktionserhaltung

A30 bei Bad Oeynhausen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A30 bei Löhne: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A31 bei Reken: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A33 bei Stukenbrock: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A4 bei Olpe: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A43 Kreis Ennepetal: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A43 bei Dülmen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A44 bei Unna-Massen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A45 bei Freudenberg/Siegen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A45 bei Drolshagen: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A46 bei Iserlohn: Läuterung, Lichtraumfreischnitt

A57, Anschlussstelle Worringen bis Autobahnkreuz Köln-Nord: Verkehrssicherheit

A59, Autobahnkreuz Leverkusen-West bis Anschlussstelle Rheindorf: Läuterung, Totholzentfernung, Lichtraumprofilschnitt

A59, Autobahndreieck Heumar bis Autobahndreieck Köln-Porz: Läuterung, Totholzentfernung, Lichtraumprofilschnitt

A61, Anschlussstelle Bergheim bis Autobahnkreuz Kerpen: Läuterung, Totholzentfernung, Lichtraumprofilschnitt

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