Kreis Euskirchen: Seit der Flut-Katastrophe vom Sommer 2021 sind die Menschen im Kreis Euskirchen sehr sensibel, wenn Unwetter und Starkregen angekündigt wird - wenn etwa der Deutsche Wetterdienst vor extremen Wassermengen warnt oder die WarnApps NINA und KATWARN Alarm schlagen. So wichtig diese Warnungen auch sind: Die konkrete Einschätzung fällt schwer. Was bedeutet es für mein Haus, wenn Starkregen von 40 Liter pro Stunde angekündigt wird? Ist mein Haus dann betroffen? Wird möglicherweise Wasser in den Keller laufen? Oder in die Garage?
Diese Fragen können nun mithilfe der neuen Starkregengefahrenkarten besser und genauer beantwortet werden. „Mit der Veröffentlichung ermöglichen wir den Bürgerinnen und Bürgern, das eigene Risiko fundiert einzuschätzen und schaffen so die Basis für Schutzmaßnahmen bei Starkregen“, sagte Landrat Markus Ramers bei der Vorstellung der digitalen Karten. „Die Karten an sich schützen zwar keine Menschen oder Gebäude, aber sie bilden eine wertvolle Grundlage für die Übersetzung der Warnmeldungen – und das sowohl für Privatpersonen wie auch für die Kommunen.“
Dargestellt werden drei Szenarien: Die erste Variante zeigt einen Starkregen, der statistisch betrachtet alle 100 Jahre wiederkehrt (41 bis 45 mm pro Stunde). Variante zwei präsentiert ein Szenario mit einer Regenmenge von 90 mm pro Stunde. Dabei handelt es sich um ein extremes Starkregenereignis. „Zusätzlich haben wir uns dafür entschieden, den Niederschlag aus Juli 2021 nachsimulieren zu lassen. Durch die Darstellung dieses Ereignisses erhoffen wir uns ein besseres Verständnis für die anderen beiden Szenarien“, sagt die Projektleiterin Sarah Nolting. Die Bürger und Bürgerinnen im Kreis hätten dieses Ereignis leider hautnah erleben müssen und so einen Anhaltspunkt für die anderen beiden Szenarien. „Denn uns ist besonders wichtig zu betonen, dass es neben extremen Ereignissen wie 2021 auch kleinere Starkregenereignisse gibt, gegen die man als Privatperson sinnvolle Maßnahmen zum Schutz ergreifen kann“, betont Sarah Nolting.
Die Karten liefern dazu zunächst eine grundlegende Information. Sollte das jeweilige Haus bzw. Grundstück bei Starkregen gefährdet sein, empfiehlt sich laut Frau Nolting zunächst die Beauftragung eines Gutachters, der konkrete Maßnahmen empfiehlt. Nach der Umsetzung könne man über das Hochwasserkompentenzcentrum (HKC) in Köln einen Hochwasserpass erstellen lassen, der bei vielen Versicherungen zu einer Beitragsreduzierung führt.
Neben dem Nutzen für die Bevölkerung profitieren auch die Kreiskommunen von den Karten, die von der Dr. Pecher AG erstellt worden sind. Die geplanten und dringend notwendigen Starkregenvorsorgemaßnahmen können in die Karten „eingebaut“ werden, so dass die Wirkung der Maßnahmen anschaulich ermittelt werden kann. Die Kosten-Nutzen-Analyse der Schutzmaßnahmen kann so fundiert durchgeführt werden.
Der Kreis Euskirchen hat die Starkregengefahrenkarten im Zuge einer unkomplizierten interkommunalen Zusammenarbeit für die elf Städte und Gemeinden im Kreisgebiet erstellen lassen. „Das ist ein gutes Beispiel für eine unkomplizierte interkommunale Zusammenarbeit“, freute sich Achim Blindert, der Allgemeine Vertreter des Landrats und Wiederaufbaukoordinator des Kreises. Er appellierte an das Land, Fördermöglichkeiten für die Starkregenvorsorge zu schaffen, sowohl für Private wie auch für Kommunen. „Leider gibt es das bisher noch nicht.“