Düren: „Wie können wir durch gezielte Maßnahmen den gesetzlichen Auftrag, nämlich die Umsetzung der Gleichberechtigung von Frau und Mann, in konkretes Handeln umsetzen“, so fasst Gilla Knorr die Aufgaben der Leiterin des Frauenbüros der Stadt Düren zusammen.

Punktgenau zu formulieren, Gedanken und Zusammenhänge druckreif auszusprechen, ist eine der vielen großen Stärken dieser Frau, die als erste Frauenbeauftragte der Stadt Düren diese Stelle aufbaute, ihr Konturen gab und sie mit Leben füllte. Nach fast dreißig Jahren scheidet Gilla Knorr aus dem Dienst der Stadt Düren aus und zieht am Beginn ihres neuen Lebensabschnitts Bilanz.

Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen, Frauen und Männern war für Gilla Knorr schon von klein auf ein großes Thema, weil sie nicht verstehen konnte, warum ihr Zwillingsbruder Dinge tun durfte, die ihr als Mädchen verboten waren, wie Fußballspielen, Auf-Bäume-Klettern, Messdiener werden.
Nach dem Abschluss des Mädchengymnasiums in Geldern studierte Gilla Knorr Erziehungswissenschaften und Psychologie, zunächst mit dem Ziel, mit Kindern zu arbeiten, und machte ihren Abschluss als Erziehungstherapeutin. Der Beginn ihres Studiums in Aachen Anfang der 70er Jahre fiel mit dem Beginn der Frauenbewegung zusammen. „Ich war im ersten Semester schon dabei und habe die Bewegung mit aufgebaut.“ Sie wurde wissenschaftliche Mitarbeiterin im Aachener Frauenhaus. „Frauenbeauftragte gab es damals noch nicht. Die Einrichtung solcher Stellen war das Ergebnis der Frauenbewegung in den 80er Jahren.“

Gilla Knorr, Anfang der 80er Jahre in Krefeld berufstätig, kämpfte dort mit anderen dagegen, dass eine Ratsfrau ehrenamtlich als Gleichstellungsbeauftragte berufen wurde und setzte sich dafür ein, dass diese Stellen von bezahlten gut ausgebildeten Frauen besetzt werden sollten.

Als Düren als erste Stadt in NRW die Stelle einer Frauenbeauftragten ausschrieb, bewarb Gilla Knorr sich, bekam die Stelle und zog mit zwei Kindern nach Düren. Der Anfang war nicht leicht. Es galt, einer Stelle, die es vorher noch nie gegeben hatte, ein Profil und ein Gesicht zu geben. Dabei konnte Gilla Knorr, die ein halbes Jahr in Schottland studiert hatte, von dort viele Anregungen für Projekte im sozialpolitischen  Bereich in Düren mit einbringen.
Ihre ganz große Stärke, Frauen zusammen an einen Tisch und ins Gespräch miteinander zu bringen, Netzwerke zu knüpfen, parteiübergreifend Solidarität beim Kampf um bestimmte Ziele zu wecken, unermüdlich, ideenreich und kämpferisch gemeinsam mit Frauen für die Frauen in der Stadt Düren tätig zu sein, hat in drei Jahrzehnten nachhaltig viel bewegt. Sie selber will allerdings nichts davon hören, dass eine besondere Begabung dazu gehört, solche Netzwerke zu knüpfen. „Ich habe Glück gehabt, dass ich immer Frauen hatte, die mich unterstützt haben“ sagt sie. Zunächst gelang es den vereinten Kräften, am Internationalen Frauentag parteiübergreifend sichtbar zu machen, wo Frauen benachteiligt sind und was es auf der anderen Seite an Ansprechpartnerinnen für sie bereits gibt. Aus der parteiübergreifenden Solidarität der Frauen erwuchs das Dürener Frauenforum. „Wir haben Veranstaltungsreihen mit eigenem Kalender ins Leben gerufen, internationale Gedenktage mit Themen wie „Gewalt gegen Frauen“ oder Equal Pay Day wurden in Düren mit eigenen Aktionen in den Blick genommen.“ Auch die „Lila Salongespräche“ gingen aus dem Frauenforum hervor. Gerne erinnert sich Gilla Knorr an den Austausch mit Frauen in der französischen Partnerstadt Valenciennes und später im bosnisch-herzogewinischen Gradaćac. Frauen in Europa wurden so in Düren ein Thema.
„Das Frauenbüro ist zum einen ein Querschnittsamt in der Verwaltung, zum anderen aktiv in allen zentralen Politikfeldern“, bringt Gilla Knorr es auf den Punkt.  Ausstellungen von Frauen, AGs mit Migrantinnen, Mädchentag, Frauentag, Sprachkurse zur Förderung der Integration, Theateraufführungen gegen Missbrauch und vieles mehr, waren die nach außen sichtbaren Aktionen des Frauenbüros. Weniger auffällig aber mindestens ebenso effektiv waren die Entstehung des Netzwerks für Alleinerziehende sowie die Aktionen zu den Themen Ausbildung von Mädchen und Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf.

„Und ich habe unglaublich viele Beratungen gemacht“, erzählt Gilla Knorr rückblickend. „Im Frauenbüro laufen viele Fäden zusammen. Als ausgebildete Erziehungstherapeutin konnte ich hier viel Anschub-Beratung leisten.“
Ohne Zweifel: Viel hat sich in den Köpfen verändert durch die Schaffung des Frauenbüros. Trotzdem bleiben auch nach dreißig Jahren für Gilla Knorr noch Wünsche offen. „Mit Sorge beobachte ich bei vielen politischen Entscheidungen, dass Frauenförderung dabei nicht umgesetzt wird. Solange eine konkrete Umsetzung nicht in allen Bereichen erfolgt ist, ist es wichtig, dass die Begrifflichkeit Frauenförderung erhalten bleibt. Die Umsetzung wird noch lange eine Aufgabe sein. Ich sehe nicht, dass ich das noch erleben werde. Es ist mühsam, den Prozess voranzutreiben, es dauert lange, in den Köpfen der Menschen etwas zu verändern. Aber die Bereitschaft ist inzwischen schon mal gegeben.“


Aus ihrem Thema wird sich Gilla Knorr auch im Ruhestand nicht verabschieden, wird dem Verein „basta“ mit Rat und Tat verbunden bleiben, sich in die AG Mädchentag weiterhin einbringen. „Dass ich mich engagiere, steht hundertprozentig fest“. Sie freut sich aber auch darauf,  sich mehr den Enkelinnen widmen zu können, mehr Zeit zum Lesen und für Fahrradtouren zu haben. Sie möchte ihre Französischkenntnisse- und Gitarrenkünste vervollkommnen sowie „alte Freundschaften pflegen“. Gilla Knorr ist nie geteilt gewesen in Berufs- und Privatmensch. „Das geht bei mir nahtlos ineinander über. Ich war immer schon politisch und gesellschaftlich engagiert.“

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