Erleidet eine sturzgefährdete Heimbewohnerin bei einem begleiteten Toilettengang einen Oberschenkelhalsbruch, ist der Heimträger nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Sturz die Folge eines Spontananbruchs des Oberschenkelhalsknochens war. Das hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27.01.2014 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Dortmund bestätigt.
Die im Jahre 1918 geborene Heimbewohnerin lebte seit 2001 in einem Altenheim des beklagten Heimträgers in Gelsenkirchen. Weil die Bewohnerin sturzgefährdet war, wurde sie im Juli 2007 bei einem Toilettengang von einer Pflegekraft des Beklagten begleitet. Die Heimbewohnerin kam zu Fall und erlitt einen Oberschenkelhalsbruch, der operativ behandelt werden musste. Sie verstarb im Jahre 2009. Vom Heimträger verlangt die gesetzliche Krankenversicherung der Heimbewohnerin im Wege Schadensersatzes aus übergegangenem Recht der Bewohnerin die entstandenen Behandlungskosten in Höhe von ca. 7000 Euro.
Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben. Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm konnte nicht feststellen, dass die Heimbewohnerin aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung des Heimträgers oder seines Pflegepersonals zu Fall kam und hierdurch den Oberschenkelhausbruch erlitt, so dass ihr ein Schadensersatzanspruch zugestanden hätte.
Den Nachweis eines für den Schaden ursächlichen, pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten oder seines Pflegepersonals habe die Klägerin nicht führen können. Der Schadensfall habe sich zwar im Rahmen einer Situation ereignet, die dem Bereich des vom Heimträger "voll beherrschbaren Risikos" zuzuordnen sei und deswegen Beweiserleichterungen für den Geschädigten begründe. In der konkreten Gefahrensituation habe eine gesteigerte (erfolgsbezogene) Obhutspflicht des Heimträgers bestanden. Die Heimbewohnerin sei sturzgefährdet gewesen und der begleitete Toilettengang stel le eine Situation aus einem Gefahren- und Verantwortungsbereich dar, den der Heimträger voll beherrschen müsse. In dieser Situation müsse sich der Heimträger vom Vorwurf einer schuldhaften Pflegepflichtverletzung entlasten, wenn sich das von ihm zu beherrschende Risiko zu Lasten des Heimbewohners verwirklicht habe. Letzteres sei allerdings im vorliegenden Fall nicht feststellbar, weil nach dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten die Möglichkeit bestehe, dass der Sturz der Heimbewohnerin nur Folge eines Spontananbruchs des Oberschenkelhalsknochens gewesen sei. In diesem Fall beruhe die Fraktur nicht auf dem Sturz, in dem Schaden habe sich dann kein Risiko verwirklicht, das vom Heimträger voll hätte beherrscht werden müssen.
Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.01.2014 (17 U 35/13)