Kiel: In Zusammenarbeit mit den Ländern führt das Bundeskriminalamt (BKA) in diesen Wochen bundesweit Schulfahndungen zur Identifizierung von Tätern und Opfern kinderpornografischer Bildserien durch.

Auch Schleswig-Holstein ist in sieben sogenannte Identifizierungsverfahren eingebunden. Das Landeskriminalamt (LKA) fahndet mit richterlichem Beschluss und der Unterstützung des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) noch bis zum 19. Januar 2018 an insgesamt 631 Grundschulen. Damit die Fahndung nach gesicherten Standards läuft, ist der enge Schulterschluss zwischen Innen- und Bildungsministerium sowie den ausführenden Behörden LKA und IQSH - für die öffentlichen Schulen - besonders wichtig.

Die Schulfahndung kommt als letztes Mittel zum Einsatz, wenn die bisherigen Ermittlungen des BKA in Kooperation mit den Polizeidienststellen der Länder nicht zur Identifizierung der Opfer und/oder Täter geführt haben. "Aufgrund der Schulpflicht in Deutschland gehen wir davon aus, dass es irgendwo im Land einen Lehrer oder eine Lehrerin gibt, die eines der abgebildeten Kinder erkennt ", sagt Torsten Heine, Leiter der Ansprechstelle Kinderpornografie im LKA Schleswig-Holstein.

Der Aufwand der "zielgruppenorientierten Öffentlichkeitsfahndung" ist enorm, aber der Erfolg gibt den Ermittlern recht: Nach Angaben des BKA werden fast alle Missbrauchsopfer aufgespürt. In Schleswig-Holstein hat es im Sommer 2017 den ersten Treffer gegeben. Nach Hinweisen konnte in Lübeck ein inzwischen erwachsenes mutmaßliches Opfer ermittelt werden. Der Stiefvater steht in Verdacht, die Frau als Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Jahre später hat ein Lehrer im Rahmen der letzten Schulfahndung seine ehemalige Schülerin wiedererkannt.

"Das Fahndungsmittel ist an den Schulen sehr akzeptiert, obwohl es zu einer erheblichen Mehrbelastung vor allem der Schulleiterinnen und Schulleiter führt", sagt Jürgen Sievers vom IQSH. " Schließlich müssen alle Lehrkräfte und alle pädagogischen Fachkräfte auf dem Rechner der Schulleitung das Bildmaterial begutachten." Dennoch seien alle Beteiligten vom Sinn der Maßnahme überzeugt. Sobald LKA-Ermittler Torsten Heine die Daten der einzelnen Ermittlungsverfahren persönlich bei ihm abgegeben hat und die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, gibt Sievers den Startschuss für die Schulfahndung an den öffentlichen Schulen. Weggucken geht nicht: Die Schulleiterinnen und Schulleiter sowie ihr Kollegium sind per dienstlichem Erlass des Bildungsministeriums dazu verpflichtet, die Schulfahndung zu unterstützen. Sie müssen jedoch nicht befürchten, mit kinderpornografischem Bildmaterial konfrontiert zu werden, sondern bekommen unverfängliche Fotos mit Gesichtern der Kinder gezeigt.

"Sollte jemand meinen, ein Kind erkannt zu haben, muss er sich keine Sorgen machen, dass die potenziell betroffene Familie durch unsere Ermittlungen stigmatisiert wird", sagt Torsten Heine. "Sie können darauf vertrauen, dass wir das äußerst umsichtig abklären und versuchen, den Verdacht zu verifizieren." Umgekehrt dürfen auch die Lehrerinnen und Lehrer kein Bildmaterial oder Informationen an Dritte weitergeben oder gar persönlich an mögliche Opfer herantreten. "Das im Rahmen der Schulfahndungen engagierte Zusammenwirken der Polizei mit den Lehrerinnen und Lehrern der schleswig-holsteinischen Schulen für das gemeinsam angestrebte Ziel erlebe ich als besonders positiven Aspekt meiner Tätigkeit in diesem besonderen Deliktsbereich", betont Heine.

Seit 2012 arbeiten LKA und IQSH bei Schulfahndungen eng zusammen. Diese werden mittlerweile zweimal im Jahr durchgeführt - aktuell an 551 öffentlichen Schulen und 80 Privatschulen, darunter 42 dänische Schulen des dänischen Schulvereins für Südschleswig. Datenschutz und technische Sicherheitsvorkehrungen werden dabei groß geschrieben: IT-Experte Tim Jungjohann vom IQSH schafft für die öffentlichen Schulen eine gesicherte Plattform im Landesnetz, auf die ausschließlich die jeweiligen Schulleiterinnen und Schulleiter Zugriff haben. Jedes einzelne Verfahren ist verschlüsselt und kann nur mit einem Passwort geöffnet werden. Die Bilder sind so bearbeitet, dass sie nicht ausgedruckt werden können. Gemäß Dienstanweisung dürfen die Bilder auch nicht kopiert oder weitergeleitet werden. Die Privatschulen, die untereinander nicht vernetzt sind, werden persönlich von einem Polizeibeamten aufgesucht, der die Fahndungsunterlagen an die Schulleitung übergibt.

Auch wenn niemand im Kollegium eines der Missbrauchsopfer erkennt, sind die Schulen angewiesen, bis Fristende eine Rückmeldung an das LKA zu geben. Eine kleine schleswig-holsteinische Besonderheit: Die Hallig-Schulen sind nicht an das Landesnetz angeschlossen und finden andere Wege, an der Schulfahndung teilzunehmen, zum Beispiel, indem sie mit Schulen auf dem Festland kooperieren.

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