Weeze (pm/pol) Am Montag (23.09.2013) gegen 21.00 Uhr ging bei der Einsatzleitstelle der Polizei in Kleve der Anruf eines Mannes aus Weeze ein. Er teilte mit, dass er einen Fötus gefunden habe, der möglicherweise von seiner Tochter stammen könnte.

 

Als die Polizei das ländliche Anwesen in Weeze aufsuchte, wurde dort der Anrufer und Besitzer des Hofes angetroffen. Er führte die Beamten auf den Dachboden des Wohnhauses, wo sie einen in Handtücher eingewickelten toten Säugling vorfanden. Danach führte der Mann sie zu einem auf dem Hof gelegenen Strohspeicher, wo die stark verweste Leiche eines weiteren Säuglings gefunden wurde. Der Mann gab an, er habe die beiden Säuglingsleichen nach den Angaben seiner 24-jährigen Tochter gefunden.

Da der Verdacht eines, bzw. zweier Tötungsdelikte bestand, wurden zunächst Beamte der Kriminalwache in Goch und anschließend die zuständige Mordkommission aus Krefeld hinzugerufen. Die Untersuchungen der Mordkommission in der Nacht zu Dienstag ergaben, dass es sich bei der Säuglingsleiche auf dem Dachboden im Wohnhaus um einen Jungen handelte, der voll ausgetragen erschien. Die Leiche war schon deutlich in Verwesung übergegangen. Im Obergeschoss des Hauses, in welchem sich Schlafräume und ein Badezimmer befanden, wurden im Zimmer, welches die Tochter des Inhabers hin und wieder benutzt, umfangreiche Blutspuren gefunden. Auch im Flur und Badezimmer wurden Blutspuren festgestellt. Die Säuglingsleiche auf dem Strohspeicher war auf Grund längerer Verwesung skelettiert und kaum noch erkennbar.

Gegen 22.13 Uhr erhielten Beamte der Polizeiwache Geldern einen Einsatz im Stadtgebiet zu einer Ruhestörung und Sachbeschädigung. Es wurde festgestellt, dass es sich um die Wohnanschrift der Mutter (geschiedene Ehefrau des Anrufers) der mutmaßlichen Kindesmutter handelte. Die Beamten erhielten die Anweisung die mutmaßliche Mutter der Säuglinge festzunehmen, falls sie dort angetroffen würde. Tatsächlich hielt sich die 24jährige Frau dort auf und wurde festgenommen.

Auf der Polizeiwache in Geldern wurde sie durch Beamte der Mordkommission vernommen. Die 24-jährige Frau gestand letztlich einen Säugling im November 2012 und einen Säugling am 13. September 2013 geboren zu haben. Die Geburten erfolgten im Badezimmer des Hauses in Weeze. Sie gab an, dass beide Kinder nach der Geburt gelebt hatten und gab weiter an, dass sie die Kinder beide kurz nach der Geburt getötet habe. Sie hatte die Säuglingsleichen zunächst kurz in ihrem Zimmer versteckt und sie dann im November 2012 auf den Strohspeicher und im September 2013 auf den Dachboden des Hauses gebracht.

"Die junge Frau konnte uns in der Vernehmung den Grund für die Tötung nicht wirklich schlüssig und nachvollziehbar darstellen", teilt Gerd Hoppmann, Leiter der Mordkommission mit. "Dies ist aber in fast allen Fällen so gewesen, die wir schon bearbeiten mussten." Die Tötung eines Kindes in den ersten 24 Stunden nach der Geburt bezeichnet man als Neonatizid. " Wir haben uns intensiv mit diesem Phänomen befasst und festgestellt, dass die Fälle oft Parallelen aufweisen."

"Die Besonderheit in diesem Fall, die uns mehr betroffen gemacht hat als in anderen Fällen ist, dass die junge Frau innerhalb eines Jahres zum zweiten Mal ihr neugeborenes Kind getötet hat." Durch die Staatsanwaltschaft Kleve, Staatsanwalt Martin Körber, wurde die Obduktion der Säuglingsleichen in der Rechtsmedizin in Duisburg am 24. September 2013 angeordnet.

Dabei geht es im Wesentlichen darum, festzustellen, ob die Säuglinge nach der Geburt gelebt haben und was die Todesursache war. Dies war bei der fast vollständig skelettierten Leiche nicht mehr möglich. Hier konnte nur auf Grund der Größe darauf geschlossen werden, dass diese der Größe eines ausgetragenen Kindes entspricht. Auch bei dem am 13. September 2013 geborenen Kind war dies auf Grund der Verwesungserscheinungen nicht sofort eindeutig möglich. Das Kind erschien voll ausgetragen und wies keine krankhaften Veränderungen auf. Für weitere Erkenntnisse müssen jedoch weiterführende feingewebliche Untersuchungen abgewartet werden.

Im Anschluss an die Spurensicherung am Tatort ließen die Beamten der Mordkommission das Hofgelände mit Leichenspürhunden absuchen. Es wurden jedoch keine weiteren Auffälligkeiten festgestellt.

Die 24-Jährige wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kleve der Haftrichterin beim Amtsgericht in Kleve vorgeführt. Es wurde Haftbefehl wegen Totschlages in zwei Fällen erlassen. Neben den Ermittlungen zu der Persönlichkeit der 24-Jährigen wird durch die Mordkommission auch untersucht, ob möglicherweise noch weitere Schwangerschaften bestanden haben.

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