Sigmaringen: Die Beamten des Polizeireviers Sigmaringen, die zusammen mit Spezialkräften der Bereitschaftspolizei, das Landratsamt Sigmaringen bei der Wegnahme von Katzen aus einem Haushalt unterstützten, waren auf Grund der Vorfälle in der Vergangenheit entsprechend gewappnet.
In den frühen Morgenstunden drangen die Beamten schlagartig in das Gebäude ein und nahmen die Bewohner auf richterliche Anordnung in Gewahrsam. Wie sich zeigte, hatten sich diese auf einen möglichen Polizeieinsatz vorbereitet. In einem Zimmer direkt neben dem Hauseingang fanden die Polizisten acht mit Benzin gefüllte Glasflaschen, einen Trichter sowie einen gefüllten Benzinkanister. Ferner waren im Bereich der Haustür, die von innen mit einer selbstgefertigten Barrikadeeinrichtung versehen war, zwei Tränengassprühgeräte deponiert. Darüber hinaus stießen die Beamten in dem Gebäude, das die Bewohner mit einer Videoanlage überwachten, auf mehrere Messer. Das aufgefundene Waffenarsenal wurde von der Polizei sichergestellt. Vom Veterinäramt des Landratsamtes Sigmaringen wurden anschließend 42 Katzen und eine Schäferhund in Obhut genommen, den Bewohnern des Hauses wurde jegliche Tierhaltung untersagt.
Mitteilung des Landratsamtes Sigmaringen zum Vorfall:
Wegnahme von Katzen aus einem Haushalt
Landkreis Sigmaringen: Tierschutzgründe zwangen die Veterinärbehörde des Landratsamtes Sigmaringen einer Halterin Katzen aus ihrer Wohnung wegzu-nehmen und anderweitig unterzubringen.
Bereits im Jahr 2011 wurden in einer Katzenhaltung im Landkreis erhebliche Verstöße bezüglich der artgerechten Haltung von Katzen festgestellt. Die 28 Tiere lebten teilweise im Keller in reizloser Umgebung zusammen. Katzen sind per se Einzelgänger und benötigen viel Individualdistanz, d.h. Abstand und Ausweichmöglichkeit zu Artgenos-sen. Allein schon aus diesem Aspekt wird eine Haltung einer größeren Gruppe von Katzen auf engstem Raum ihrer Art nicht gerecht.
Die Tierhalterin wurde daraufhin mehrfach mündlich und schriftlich aufgefordert, eine artgerechte Katzenhaltung einzurichten.
Nachkontrollen gestalteten sich für die Behörde zunehmend schwieriger bis hin zur kompletten Zutrittsverweigerung durch die Tierhalterin. Verbesserungen in der Katzen-haltung wurden entgegen Beteuerungen jedoch nicht vorgenommen.
Im September 2013 erfolgte ein weiterer Kontrollversuch. Dabei wurde das Betretungs-recht der Behörde mit einer Duldungsverfügung des Landratsamtes Sigmaringen angeordnet und die Polizei um Amtshilfe ersucht. Davon unbeeindruckt verweigerte die Tierhalterin den Zutritt zu ihrer Wohnung. Um eine Eskalation zu vermeiden, wurde erneut versucht, mit der Frau einen Konsens zu finden. Als auch dies nicht gelang, wurde der Einsatz unter Rücksicht auf die Beteiligten an diesem Tag abgebrochen, jedoch mit der Ankündigung, dass die Behörde das Betretungsrecht zeitnah in jedem Fall durchsetzen werde.
Dafür wurde ein Durchsuchungsbeschluss bei Gericht erwirkt, eine unabhängige externe tierärztliche Gutachterin bestellt sowie die Ortspolizeibehörde miteinbezogen.
Im November 2013 wurde eine konzertierte Aktion mit mehreren Fachbereichen des Landratsamtes, der Ortspolizeibehörde und den Veterinären zusammen mit der externen Sachverständigen, unter Amtshilfe der Polizei, durchgeführt. Trotz mehrfacher Aufforderungen, den Zugang zu der Katzenhaltung zu ermöglichen und wiederholtem Hinweis, dass ein gerichtlicher Durchsuchungsbeschluss vorliegt, verweigerten die Familienangehörigen wehrhaft den Zutritt. Als die Beamten die Haustüre durch einen Schlüsseldienst öffnen ließen, erfolgte durch die Familienangehörigen ein Tränengasangriff auf die Veterinäre und die Beamten, die dadurch Augen- und Atemwegsreizungen in erheblichem Ausmaß erlitten.
Durch die vier Polizeibeamten wurde dennoch der Zutritt erzwungen und die Kontrolle der Katzenhaltung mittels der Veterinärin und der externen Sachverständigen durchgeführt. Dabei wurden erneut erhebliche Mängel in Bezug auf die artgerechte Katzenhaltung festgestellt. Die Sachverständige erklärt in ihrem Gutachten, dass eine artgereichte Haltung ohne Veränderung der Umwelt und massiver Reduktion der Anzahl der Katzen nicht möglich sie. Die derzeitige Art der Haltung sei völlig inakzeptabel. Das erhebliche Leiden der Tiere könnte, so die Gutachterin, nicht dauerhaft geduldet werden und stelle einen massiven Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar.
Aus diesen Gründen wurde schließlich die Abgabe der Katzen angeordnet.
Dem schlossen sich gerichtliche Verfahren an, welche erst im Oktober 2014 mit einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim (VGH) endeten. Sowohl das Verwaltungsgericht Sigmaringen als auch der VGH Mannheim erklärten die tierschutzrechtliche Verfügung des Landratsamtes Sigmaringen in vollem Umfang für rechtmäßig.
Ende Oktober fand als deeskalierende Maßnahme ein weiterer Termin vor Ort statt, in dem man sich nochmals um eine friedliche Lösung bemühte. Daran waren neben einer Veterinärin, der Rechtsanwalt der Tierhalterin und diese selbst beteiligt. Dabei wurden von Behördenseite erneut 2 gangbare Lösungswege aufgezeigt, wie mit vertretbarem Aufwand für die Tierhalterin eine artgerechte Katzenhaltung sicherzustellen sei. Die Tierhalterin verweigerte auch dieses Mal beide Möglichkeiten, die Verhältnisse an die Bedürfnisse der Tiere anzupassen und erstattete ihrerseits Strafanzeige gegen das Veterinäramt.
Der Tierhalterin wurde außerdem in einem Gespräch mit der Polizei nochmals Gele-genheit geben, einen Polizeieinsatz bei der Wegnahme der Katzen abzuwenden. Auch hier wollte die Halterin nicht einlenken.
Da aus Sicht der Verwaltung und der Polizei alle friedlichen Wege ausgeschöpft waren und Kompromisse nicht angenommen wurden, wurde nach rund 3 ½ Jahren der Auseinandersetzung die Wegnahme der Tiere in die Wege geleitet und am Montag durchgeführt. Der Einsatz wurde von Einsatzkräften der Polizei begleitet, um auch bei Widerstand die Sicherheit der Aktion gewährleisten zu können. Die Zahl und die Art der Einsatzkräfte entschied die Polizei gemäß ihrer Lagebeurteilung und den Erfahrungen mit der Familie.
Die Tiere werden nach einer Gesundheitsprüfung artgerecht untergebracht. Gegen die Tierhalterin ist außerdem ein Bußgeldverfahren anhängig, ihr droht zudem ein Katzenhaltungsverbot.