Wiesbaden (pm/bka) Ältere Bürgerinnen und Bürger in Deutschland werden in zunehmendem Ausmaß Opfer von falschen Gewinnversprechen per Telefon.
Aus sogenannten Call-Centern agierende Täter, die sich als Rechtsanwälte oder Notare ausgeben, informieren die Angerufenen über den angeblichen Gewinn eines Geld- oder Sachpreises - zumeist eines hochwertigen Autos. Die Auszahlung oder Überführung wird davon abhängig gemacht, dass die vermeintlichen Gewinner im Voraus bestimmte Gebühren, Steuern oder andere Kosten bezahlen sollen. Eine Verrechnung mit dem Gewinn wird mit unterschiedlichsten Begründungen abgelehnt.
Für die Bezahlung nennen die Täter den Opfern verschiedene Möglichkeiten, wie beispielsweise die Nutzung von Bargeldtransferdienstleistern oder den Versand der Geldbeträge per Post als Brief oder Päckchen.
Unabhängig von der gewählten Bezahlungsmethode erfolgt keine Gewinnausschüttung - ein Gewinn existiert nicht!
Sind Bürgerinnen und Bürger einmal Opfer einer solchen Betrugsmasche geworden, müssen sie damit rechnen, in der Folgezeit erneut von Betrügern angerufen zu werden, die dann vorgeben, das bezahlte Geld wiederbeschaffen zu können. Vereinzelt behaupten die Täter auch, dass sich die Angerufenen durch eine Übersendung von Geld in das Ausland strafbar gemacht hätten. Letztendlich versuchen sie, das Opfer zu weiteren Geldzahlungen zu bewegen. Dabei geben sich die Betrüger als Polizeibeamte, Staatsanwälte, Richter oder auch als Notare und Rechtsanwälte aus.
Bundesweit verzeichnet die Polizei in Deutschland seit 2010 über 37.000 Personen, die Opfer dieser Art des Betruges geworden sind. Fachleute von Polizei und Justiz gehen jedoch von einem hohen Dunkelfeld aus. Vermutlich sind bundesweit mittlerweile über 100.000 Personen dieser Tatbegehungsweise zum Opfer gefallen, haben dies aber zum Beispiel aus Furcht, Scham oder mangelnder Mobilität nicht bei der Polizei angezeigt. Durch die Betrügereien erlangten die Täter bislang Geldsummen in einer Gesamthöhe von mindestens 23 Millionen Euro.
Die bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass die Taten überwiegend von der Türkei aus begangen werden. Die Täter sprechen sehr gut deutsch. Sie sind redegewandt und skrupellos. Selbst wenn Opfer gegenüber den Tätern angeben, kein Geld mehr zu haben und alle Ersparnisse bereits für den versprochenen Gewinn aufgebraucht zu haben, lassen die Täter nicht von ihren Opfern ab und fordern dazu auf, Geld zu leihen oder einen Kredit aufzunehmen.
Um die eigene Glaubwürdigkeit zu erhöhen, manipulieren die Betrüger gezielt die eigene Rufnummer, die im Telefondisplay des Opfers erscheint. Dort wird die Rufnummer einer deutschen Stadt angezeigt, obgleich sich der Täter bei seinem Anruf in der Türkei befindet. Passend zu einem Anruf eines vermeintlichen Notars aus Hamburg kann so auch eine Nummer mit Hamburger Vorwahl im Display des Angerufenen erscheinen.
An einem Fall aus Nordrhein-Westfalen wird das dreiste Vorgehen der Täter besonders deutlich: Eine 83-jährige Geschädigte hatte in zwei Einschreibebriefen insgesamt 24.000 Euro in die Türkei versandt. Zuvor sei sie von "Polizeibeamten" telefonisch bedroht worden: Die zweite Geldsendung würde angeblich benötigt, um nun gegen die Geschädigte bestehende Forderungen auszugleichen. Wenn sie nicht bezahle, würden Polizeibeamte sie zuhause abholen. Die Geschädigte meldete sich einige Tage später bei der Polizei und berichtete, dass sie erneut einen Anruf von "Interpol Istanbul" erhalten habe: Sie müsse wieder eine Geldsumme überweisen, da aufgrund ihrer früheren Geldsendungen in der Türkei Ermittlungen wegen Geldwäsche gegen sie geführt würden. Nun wolle man weitere 4.800 Euro, um damit die weitere Strafverfolgung gegen sie zu verhindern.
BKA-Präsident Jörg Ziercke: "Skrupellos schüchtern die Täter ihre Opfer ein, um sie zu Zahlungen zu bewegen. Ich appelliere: Seien Sie aufmerksam und schenken Sie telefonischen Gewinnversprechen keinen Glauben! Angehörige deutscher Strafverfolgungsbehörden würden Sie niemals am Telefon zu einer Geldüberweisung nötigen oder eine Festnahme androhen. Wenn Sie Opfer einer Straftat geworden sind, scheuen Sie sich nicht, Anzeige bei Ihrer nächstgelegenen Polizeidienststelle zu erstatten. Nur so kann die Polizei Maßnahmen zur Überführung der Täter ergreifen!"
So dramatisch der Fall für die 83-Jährige Geschädigte aus Nordrhein-Westfalen auch war: Durch ihre Anzeigenerstattung bei der Polizei konnten Ermittlungen in der Türkei angeregt werden. An der Empfängeradresse der Geldsendungen stellten türkische Polizeibeamte Beweismittel sicher und nahmen mehrere Tatverdächtige fest. Die Ermittlungen in der Türkei und in Deutschland dauern an.
BKA-Präsident Jörg Ziercke: "In Fällen von international operierenden Tätergruppierungen ist eine schnelle und verlässliche Zusammenarbeit deutscher und türkischer Sicherheitsbehörden entscheidend, um den Tätern das Handwerk zu legen. Aus diesem Grund haben wir eine deutsch-türkische Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich intensiv mit der Aufklärung dieser Straftaten beschäftigen wird. Die beteiligten Justiz- und Polizeibehörden werden alle Anstrengungen unternehmen, um diese Serie von Straftaten aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen."
In Deutschland sind nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern in fast allen Bundesländern Bürgerinnen und Bürgern Opfer solcher Betrugsfälle geworden. Eine hohe Anzahl von Geschädigten gibt es in Ermittlungsverfahren, die in Bayern, Niedersachsen und Sachsen geführt werden.
So schützen Sie sich vor dem Betrug am Telefon:
- Schenken Sie telefonischen Gewinn-Versprechungen keinen Glauben
- insbesondere wenn die Einlösung des Gewinns an Bedingungen
geknüpft ist!
- Leisten Sie keinerlei Vorauszahlungen auf versprochene Gewinne -
ein seriöses Unternehmen wird die Gewinnausschüttung niemals von
einer Vorauszahlung abhängig machen!
- Lassen Sie sich von angeblichen Amtspersonen am Telefon nicht
unter Druck setzen - Angehörige deutscher
Strafverfolgungsbehörden würden Sie niemals am Telefon zu einer
Geldüberweisung nötigen oder bedrängen!
- Geben Sie keine persönlichen Informationen weiter: keine
Telefonnummern und Adressen, Kontodaten, Bankleitzahlen oder
Kreditkartennummern!
- Wenden Sie sich an Ihre örtliche Polizeidienststelle, wenn Sie
derartige Anrufe erhalten. Erstatten Sie Anzeige!
Weitere Informationen erhalten Sie im Internet auf der BKA-Homepage unter www.bka.de, den Informationsseiten des Programms Polizeiliche Kriminalprävention unter www.polizei-beratung.de sowie bei jeder Polizeidienststelle.