Düsseldorf (pm/mik) Die Landesregierung will Gemeinden entlasten, auf deren Gebiet eine Asylbewerberunterkunft des Landes betrieben wird.
Dies sieht eine Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes NRW (FlüAG NRW) vor, die heute (1.10.) vom Kabinett auf den Weg gebracht wurde. "Wir wollen gegenüber potenziellen Standortgemeinden Anreize schaffen, einer Landesaufnahmeeinrichtung in ihrer Gemeinde zuzustimmen", erläuterte Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf. "Angesichts steigender Asylbewerberzahlen brauchen wir eine hohe Akzeptanz solcher Einrichtungen, um Engpässe bei der Unterbringung zu vermeiden."
Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Änderung des Zuweisungsverfahrens an die Kommunen vor. Dabei soll die Zahl der Zuweisungen von Asylbewerben an solche Gemeinden, auf deren Gebiet mindestens sechs Monate lang eine Aufnahmeeinrichtung des Landes betrieben wird, künftig um die Zahl der in der jeweiligen Unterkunft zur Verfügung stehenden Aufnahmeplätze - einschließlich etwaiger Reserveplätze - vermindert werden. Dies gilt für reguläre Landesaufnahmeeinrichtungen ebenso wie für Entlastungs- und Notunterkünfte des Landes, soweit sie für mindestens sechs Monate eingerichtet werden. Bisher blieben die mit einer solchen Unterkunft verbundenen Belastungen für die Gemeinden bei der Verteilung der Asylsuchenden unberücksichtigt. "Das war unbefriedigend und hemmte die Bereitschaft vor Ort, dem Betrieb einer landeseigenen Einrichtung zuzustimmen", erklärte der Innenminister. Die künftig vorgesehene Anrechnungsregelung kann in einzelnen Fällen zur Folge haben, dass Gemeinden, die dem Betrieb einer landesweiten Unterkunft zustimmen, von der Verpflichtung zur Unterbringung eines eigenen Kontingents von Asylsuchenden ganz freigestellt werden. "Diese Entlastung ist ein wichtiger Schritt, um die Suche nach geeigneten Liegenschaften für weitere Landesunterkünfte zu erleichtern. Wir wollen auch künftig die bei uns Zuflucht suchenden Menschen angemessen unterbringen. Angesichts des deutlichen Anstiegs der Asylbewerberzahlen ist dies eine große Herausforderung", betonte Jäger.
Daneben greift die Gesetzesnovelle Änderungsbedarf auf, der sich aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz ergibt. Um kommunale Mehrbelastungen abzufedern, die sich aus der vom Gericht getroffenen Übergangsregelung zur Frage der Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergeben, ist im Jahr 2014 eine pauschalierte Landeszuweisung an die Kommunen in Höhe von rund 20 Millionen Euro vorgesehen. Bereits in den Jahren 2012 und 2013 gewährte das Land den Kommunen zu diesem Zweck pauschale Zuweisungen in Höhe von 7,15 Millionen bzw. 14,4 Millionen Euro. Eine endgültige Anpassung der Zuweisungsregelungen des FlüAG NRW soll erfolgen, sobald der Bundesgesetzgeber die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum im Asylbewerberleistungsrecht umgesetzt hat.
Im ersten Halbjahr 2013 wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) insgesamt 43.016 Asylerstanträge gestellt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Januar bis Juni 2012 stieg die Zahl der Asylbewerber damit bundesweit um 19.950 Personen (86,5 Prozent). In NRW wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres 9.502 Asylerstanträge registriert. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 5.441. Für die nächsten Monate prognostiziert das BAMF einen Zugang von Antragstellern in der Größenordnung von monatlich 8.000 Personen bis 10.000 bundesweit.
Zur Aufnahme von Asylsuchenden unterhält das Land Einrichtungen zur Erstaufnahme bei den Zentralen Ausländerbehörden in Bielefeld und Dortmund sowie zwei zentrale Unterbringungseinrichtungen in Hemer und Schöppingen. Vorübergehende Unterbringungseinrichtungen des Landes stehen in Neuss (bis Mai 2014) und Nieheim (bis Januar 2014) zur Verfügung. Eine weitere Asylunterkunft des Landes ist in Wickede-Wimbern geplant. Gebäude der ehemaligen Landestelle in Unna-Massen werden derzeit als Entlastungsunterkunft benötigt. Ende September wurde zusätzlich die ehemalige Siegerlandkaserne in Burbach (Kreis Siegen-Wittgenstein) als vorübergehende Notunterkunft für rund vier Monate in Betrieb genommen. Angesichts des erwarteten weiteren Anstiegs der Zahl der Asylsuchenden setzt das Land die intensive Suche nach geeigneten Liegenschaften zur Schaffung neuer Unterbringungskapazitäten fort.