Düren: Der 1981 eingeführte internationale Gedenktag „Nein zu Gewalt an Frauen“, der am 25. November die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber Frauen und Mädchen thematisiert, war in Düren diesmal dem Kampf gegen Genitalbeschneidung gewidmet.
Christina van Essen, kommissarische Leiterin des Frauenbüros der Stadt Düren, fand deutliche Worte für das schwierige Thema, das heute noch vielfach tabuisiert wird: „Weibliche Beschneidung ist Ausdruck für männlichen Besitzanspruch. Es ist an der Zeit, mit der Tradition des Leidens zu brechen!“
In Margret Lauscher hatten die Organisatorinnen eine kompetente Referentin ge-funden. Seit 2008 ist sie im Fulda-Mosocho-Projekt engagiert, das vor Ort in Kenia Wege aufzeigt, die aus der Tradition der Genitalbeschneidung herausführen.
Aufklärung ist ganz wichtig, auch in Deutschland, denn mit Migrantinnen und Flüchtlingen ist das Thema hier bereits angekommen. Christina van Essen nannte Zahlen: Laut der Organisation „terre des femmes“ lebten 2014 ca. 35 000 beschnittene Frauen in Deutschland, 5600 davon in NRW, ca. 6000 waren in Deutschland von Genitalbeschneidung bedroht. Präventive Hilfen in Schulen, Kindergärten und Beratungsstellen, die Aufklärung anbieten, sind deshalb auch hier in Deutschland wichtig, um das Thema aus der Tabuzone herauszuholen. „Die betroffenen Frauen brauchen das Gespräch, sie sollten auf keinen Fall kriminalisiert werden“, betonte Christina van Essen. Es muss aber bewusst gemacht werden, dass Genitalbeschneidung in Deutschland seit 2013 strafbar ist.
Margret Lauscher berichtete über das in Kenia sehr erfolgreich verlaufende Projekt, das Genitalbeschneidung vor Ort bekämpft und dabei auf die Einbindung der Dorfältesten, der Lehrerinnen und Lehrer und auch der Beschneiderinnen setzt. Viele von ihnen sind inzwischen überzeugte Gegnerinnen und Gegner der Tradition, die sie früher unreflektiert mitgetragen haben, und setzen sich jetzt als Multiplikatoren im Kampf gegen die Genitalbeschneidung ein. Aussagen dieser Kenianerinnen und Kenianer wurden am Abend im Bürgerbüro verlesen und weckten die Anteilnahme der Zuhörerinnen und Zuhörer. „Der Wunsch, das Ritual zu überwinden, kam aus den Reihen der kenianischen Frauen selbst“, betont Margret Lauscher. 2001 teilte sie eine Zeitlang den Alltag mit Frauen in einem kenianischen Dorf und erfuhr dort von deren Leiden. Die Beschneidung ist schmerzhaft, zieht oft sehr große gesundheitliche Komplikationen nach sich, führt mitunter gar zum Tod der Frau und hinterlässt in jedem Fall ein seelisches Trauma. „Sie verletzt die gesamte Persönlichkeit der Frau!“, sagt Christina van Essen.
Die durch die Gespräche mit den Frauen in Kenia ausgelöste Betroffenheit legte bei Margret Lauscher den Boden für ihr nachhaltiges Engagement. Ihr Vortrag im Bürgerbüro hat aufgerüttelt und ein Zeichen gesetzt, dass dieses Thema auch hier in den Blick genommen werden muss.