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Die Diagnose kommt wie ein Schock: Seit 17 Jahren ist Manfred Müller in einem großen mittelständischen Unternehmen in Süddeutschland als Controller tätig. Der 44-Jährige gilt als leistungsfähiger und anerkannter Mitarbeiter. Doch plötzlich bricht alles zusammen. Nach einigen innerbetrieblichen Veränderungen und Auseinandersetzungen mit seinem Vorgesetzten streikt bei Müller die Psyche. Der Vater von zwei kleinen Kindern wacht nachts schweißgebadet auf, bei der Arbeit kann er sich immer schlechter konzentrieren. Nach längerem Zögern geht er schließlich zum Arzt, der die Diagnose Burnout stellt und ihn wochenlang krankschreibt. Wann Müller wieder mit voller Leistungsfähigkeit arbeiten kann, ist völlig ungewiss.

Drastischer Anstieg bei Krankheitstagen

Das Schicksal des 44-Jährigen ist kein Einzelfall. Im Gegenteil: Seit mehr als einem Jahrzehnt haben die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Erkrankungen drastisch zugenommen. Laut dem aktuellen Gesundheitsreport der DAK werden durchschnittlich 246,2 Krankheitstage pro 100 Versichertenjahren verzeichnet. 2006 betrug der Wert mit 121,7 Tagen noch weniger als die Hälfte. Auch der Anteil am Krankenstand ist alarmierend: Mit mehr als 17 Prozent lagen die psychischen Erkrankungen 2016 erstmals an zweiter Stelle. Nur Erkrankungen am Muskel- und Skelett-System (22,2 Prozent) verursachten noch mehr Krankschreibungen.

Große finanzielle Belastungen für die Unternehmen

Längere Arbeitsausfälle aufgrund von psychischen Erkrankungen sind nicht nur ein harter Schlag für die betroffenen Mitarbeiter, sondern auch eine erhebliche finanzielle Belastung für die Unternehmen. Nach Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) werden bis 2030 alleine die dadurch verursachten direkten Kosten bei rund 32 Milliarden Euro liegen. Auch der Gesetzgeber hat auf diese Problematik bereits reagiert. Seit 2013 verpflichtet das Arbeitsschutzgesetz Unternehmen ausdrücklich dazu, bei der vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsbedingungen auch psychische Belastungen zu berücksichtigen.

Gefährdungsbeurteilung als große Chance

Diese Vorschrift wird häufig nur als lästige Pflicht angesehen, doch die fachgerechte Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen stellt auch eine große Chance dar. Schließlich wirken sich die Verbesserung beziehungsweise der Erhalt der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter durch geringere Fehlzeiten in der Regel auch auf den wirtschaftlichen Erfolg aus. Weitere positive Folgen sind motiviertere Mitarbeiter, die bessere Leistungen bringen und weniger Fehler machen. "Häufig reicht schon das Drehen kleiner Stellschrauben aus, um die Arbeitszufriedenheit und die Effektivität deutlich zu erhöhen", sagt Giovanni Sciurba, Geschäftsführer der auf Veränderungs- und Gesundheitsmanagement spezialisierten Unternehmensberatung GS Consult GmbH aus Oldenburg. "Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie dankbar die Unternehmen hinterher sind, wenn sie sich zu diesem Schritt entschlossen haben und die empfohlenen Maßnahmen umsetzen." Bei einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen werden von Experten verschiedene Methoden wie Mitarbeiterbefragungen, Beobachtungsinterviews und Analyse-Workshops eingesetzt, um Daten zur Beurteilung der Gefährdungssituation im Unternehmen zu gewinnen und anschließend Vorschläge für Veränderungen zu verbreiten.

Tipps für eine gesunde Psyche

Unabhängig von der Gefährdungsbeurteilung haben Führungskräfte in Unternehmen die Möglichkeit, durch gezielte Maßnahmen die psychischen Fehlbelastungen bei ihren Beschäftigten zu verringern. Giovanni Sciurba von GS Consult nennt zehn Praxis-Tipps, die das Klima und die Zufriedenheit der Mitarbeiter erheblich verbessern können:

1.) Durch eine Optimierung der Arbeitsabläufe mit klaren Tätigkeitsbeschreibungen lässt sich das Stressempfinden der Mitarbeiter reduzieren.

2.) Ein bewusster Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln - wie zum Beispiel ein Verzicht auf E-Mails nach Feierabend - verringert den Druck bei den Beschäftigten

3.) Bei Veränderungsprozessen im Unternehmen sollte stets offen und transparent kommuniziert werden, um die Mitarbeiter mitzunehmen.

4.) Eine entscheidende Voraussetzung für eine gute und konstruktive Zusammenarbeit ist die Wertschätzung der Arbeitnehmer durch eine faire Gehalts- und Personalpolitik sowie Respektvoller Kommunikation auf Augenhöhe.

5.) Eine wichtige Bedeutung für psychisches Wohlbefinden der Mitarbeiter hat die Einbindung in Entscheidungsprozesse.

6.) Vorgesetzte sollten die Beschäftigten möglichst immer entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten, Stärken und Interessen einsetzen.

7.) Das Definieren von persönlichen Zielen und Perspektiven in Entwicklungsgesprächen wirkt sich positiv auf die Leistungsbereitschaft aus.

8.) Durch eine verantwortungsvolle Personalplanung sollte vermieden werden, dass Beschäftigte ständig an der Grenze ihres Leistungsvermögens arbeiten und viele Überstunden machen müssen.

9.) Bei Konflikten sollte Führungskräfte stets ein offenes Ohr haben und gemeinsam mit den Betroffenen nach praktikablen Lösungen suchen.

10.) Die Schaffung einer ausgewogenen Work-Life-Balance ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Leistungsbereitschaft, Loyalität und Motivation der Mitarbeiter langfristig gesichert wird.

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