Emsland: In einem konventionellen Entenmastbetrieb im Landkreis Emsland ist die hochpathogene Vogelgrippe H5N8 amtlich nachgewiesen worden. Das ergaben Probenuntersuchungen im Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) und im nationalen Referenzlabor Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer richtete am heutigen Samstag den dringenden Appell an alle Geflügelhalter, weiter sehr wachsam zu sein und strikt auf das Einhalten der Biosicherheitsmaßnahmen zu achten.
Gemeinsam mit den Behörden im Landkreis Emsland hat das Ministerium umgehend gehandelt: Um den Ausbruchsbetrieb wird in einem Radius von drei Kilometern ein Sperrbezirk eingerichtet. Inklusive des Ausbruchsbetriebes befinden sich dort rund 180.000 Stück Geflügel in 19 Betrieben. Diese wurden unverzüglich gesperrt. Das heißt, dass alle Transporte von Geflügel zu einem Betrieb hin oder von Betrieben weg untersagt sind. In einem Radius von einem Kilometer um den Ausbruchsstall werden alle Tiere getötet. Neben den rund 10.100 Tieren im Ausbruchsbetrieb sind von dieser Entscheidung zusätzlich drei Kleinbetriebe mit rund 40 gemeldeten Hühnern betroffen. Für alle Tiere, die auf amtliche Anordnung getötet werden müssen, erhalten die Geflügelhalter eine Entschädigung des sogenannten gemeinen Wertes seitens der Tierseuchenkasse. Eine Gefahr für den Menschen durch die hochpathogene Vogelgrippe H5N8 besteht nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht.
Die Bestände in sämtlichen 19 Betrieben im Sperrbezirk werden nun klinisch untersucht und beprobt. Die Untersuchung der Proben erfolgt im LAVES. Neben dem Sperrbezirk im Drei-Kilometer-Radius hat der Landkreis außerdem ein Beobachtungsgebiet von zehn Kilometern Radius angeordnet. Davon sind insgesamt rund 200 Betriebe betroffen. Im Lauf des heutigen Samstags wird mit der tierschutzgerechten Tötung der 10.100 Tiere des Ausbruchsbetriebes sowie der Hühner in den Kleinbetrieben begonnen.
Das Friedrich-Loeffler-Institut hatte am Dienstag dieser Woche bei Proben aus einem Putenmastbetrieb im Landkreis Cloppenburg die hochpathogene Variante der Vogelgrippe H5N8 (hochpathogene Aviäre Influenza - HPAI) festgestellt. Insgesamt mussten rund 120.000 Tiere getötet werden, zum einen im Ein-Kilometer-Radius um den Ausbruchsbetrieb und in einem Kontaktbetrieb, der mit dem Ausbruchsbetrieb zu tun hatte und sich ebenfalls im Landkreis Cloppenburg befindet.
Die hochpathogene aviäre Influenza vom Typ H5N8 wurde in Deutschland zuerst Anfang November in einem Geflügelbestand in Mecklenburg-Vorpommern festgestellt. Dort sind keine weiteren Fälle aufgetreten. Dieser Virustyp wurde im November 2014 ebenfalls in Geflügelbeständen in den Niederlanden und in einem Entenbestand in Großbritannien diagnostiziert. In beiden Mitgliedstaaten sind bisher keine weiteren Fälle in Hausgeflügelbeständen gemeldet worden. Vor einigen Tagen hat auch Italien einen Ausbruch von HPAI H5N8 bei Puten gemeldet.
Aufgrund dieser Fälle müssen Geflügelhalter in weiten Teilen Niedersachsens ihre Tiere bereits seit Ende November in Ställen halten.
Hintergrund hochpathogene Vogelgrippe H5 und H7
Bei der hochpathogenen Variante der Vogelgrippe handelt sich um eine besonders schwer verlaufende Form der aviären Influenza, die durch hochpathogene (stark krankmachende) Influenzaviren der Subtypen H5 und H7 verursacht wird (auch als „Geflügelpest" bezeichnet). Geringpathogene Influenzaviren der Subtypen H5 und H7 können zu einer hochpathogenen Form mutieren, die sich dann klinisch als Geflügelpest zeigt. Infektionen mit anderen Subtypen bleiben auch beim Hausgeflügel meist ohne gravierende klinische Auswirkungen.
Aviäre Influenzaviren gehören zur Gruppe der Influenza A-Viren. Sie verfügen über zwei Oberflächenproteine, das Hämagglutinin-(H) und die Neuraminidase-(N), die für die Wechselwirkung mit Zellen und somit für deren Infektion sehr wichtig sind. Diese Proteine können in unterschiedlichen Varianten (Subtypen) vorkommen.
Hochpathogenes aviäres Influenzavirus vom Typ H5N8 (HPAI H5N8) wurde erstmals Anfang 2014 in Südkorea nachgewiesen, wo bis September etwa 30 Ausbrüche der Tierseuche beobachtet wurden. Etwa zwölf Millionen Stück Geflügel mussten im Rahmen der Ausbrüche getötet werden. Wildvögel, insbesondere Wildenten, die mit dem H5N8-Virus infiziert waren, wurden in Südkorea im Zuge der Ausbrüche gefunden. Wildvögel scheinen aber weniger schwer zu erkranken, auch „stille" Infektionen ohne Krankheitssymptome wurden beschrieben. In Europa trat das Virus bisher in Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien und Italien bei Mastputen, Legehennen und Mastenten sowie vereinzelt bei Wildenten auf.
Eindeutige Einschleppungswege für HPAI H5N8 konnten in Europa bisher nicht festgestellt werden. Für die Übertragung von aviären Influenzaviren in Nutzgeflügel kommt eine Reihe von Faktoren in Frage. Unter anderem werden die Einstallung von Tieren, Personen- und Fahrzeugverkehr, Waren, Futter und Wasser bei der Analyse der Einschleppungsursachen ebenso in die Betrachtung einbezogen wie der mögliche Eintrag über Wildvögel.