Berlin: Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zieht anlässlich des 25. Jahrestags der Einführung des langen Donnerstags (am 5.Oktober 1989) eine kritische Bilanz der dramatischen Ausweitung der Ladenöffnungszeiten.

"Der lange Donnerstag bzw. der allgemeine Trend zur Ausweitung der Ladenöffnungszeiten geht vor allem zulasten der Beschäftigten, aber auch zulasten kleinerer Ladengeschäfte. Das große Versprechen, dass längere Öffnungszeiten dem stationären Handel mehr Umsätze bescheren, hat sich hingegen nicht bewahrheitet. Längere Öffnungszeiten bringen für Beschäftigte Nachteile mit sich. Und sie führen zu ungünstigen Arbeitszeiten und Nachtarbeit, zu einer Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft", sagte Stefanie Nutzenberger, ver.di-Bundesvorstandsmitglied und zuständig für den Handel.

Vor 25 Jahren wurden nach einer großen Kontroverse die Ladenöffnungszeiten am Donnerstag um zwei Stunden auf 20.30 Uhr ausgeweitet. Seither ist es zu einer Reihe von weiteren Verschlechterungen gekommen. Seit 2006 ist die Entscheidung über Ladenschlusszeiten Ländersache. Dies hat zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen geführt.

"Längere Öffnungszeiten führen dazu, dass sich prekäre Arbeitsverhältnisse ausbreiten. Um die Randöffnungszeiten abzudecken, nutzen die Arbeitgeber geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, unfreiwillige Teilzeit und setzten immer stärker auf eine vollständige Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die zum Teil an Arbeit auf Abruf grenzt. Die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze im Handel hat in den letzten Jahren dramatisch abgenommen. Die Beschäftigten tragen die Lasten: Sie müssen immer flexibler und länger am Abend oder in der Nacht arbeiten, teilweise zu niedrigen Löhnen, die nicht zur Existenzsicherung ausreichen. Das geht, das zeigen viele Studien, extrem auf Kosten der Gesundheit und es raubt Zeit für die Familie oder auch für berufliche Weiterbildung", sagte Nutzenberger.

Doch nicht nur für die Beschäftigten sind längere Öffnungszeiten problematisch. "Die ausgedehnten Öffnungszeiten treiben Verdrängungs- und Konzentrationsprozesse im Handel weiter voran. Kleine und mittelständische Unternehmen haben dabei das Nachsehen. Sie können es sich oft nicht leisten, ihre Geschäfte länger zu öffnen und verlieren den Wettbewerb", sagte Nutzenberger. Auch für die Kunden seien längere Öffnungszeiten deswegen nicht nur von Vorteil. "Als Kunde freue ich mich vielleicht, wenn ich spät am Abend noch etwas einkaufen muss und ein offenes Geschäft finde. Aber wir alle bezahlen dafür als Bürgerinnen und Bürger einen hohen Preis: Einkaufsvielfalt schwindet, damit werden unsere Innenstädte immer eintöniger, und unseren Sozialkassen gehen über die Ausbreitung von prekären Beschäftigungsverhältnissen wichtige Einnahmen verloren. Wir werden immer mehr zu einer Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft, in der der Erwerbsdruck und die Konsummöglichkeiten keine Grenzen mehr gesetzt bekommen. So gehen für uns alle Ruhezeiten und wichtige Anker unserer Zeitkultur verloren", sagte Nutzenberger.

ver.di engagiert sich unter anderem in der Allianz für den freien Sonntag gegen eine weitere Flexibilisierung von Ladenöffnungszeiten.

Die Allianz ist ein breites gesellschaftliches Bündnis von Akteuren aus Kirchen, Gewerkschaften, Familienverbänden und Nichtregierungsorganisationen. Mehr Informationen unter:

http://www.allianz-fuer-den-freien-sonntag.de .

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