Seit Jahren tobt eine Debatte darüber, wie sich das Glücksspiel ins digitale Zeitalter retten lässt, ohne dabei das Chaos zu entfesseln. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag von 2021 wagte Deutschland den Schritt in die Regulierung, der vieles versprochen hat: Sicherheit für Spieler, klare Regeln für Anbieter und das Austrocknen des Schwarzmarkts.

 

Doch knapp vier Jahre später zeigt sich ein Bild, das weniger nach ordentlichem Aktenordner klingt und mehr nach einem Spieltisch, an dem noch längst nicht jeder Einsatz sitzt.

Der Glücksspielstaatsvertrag 2021, was erlaubt und was nicht

Der Juli 2021 markierte den Startschuss für eine neue Ära. Was zuvor nur in Grauzonen oder im Ländermix von Schleswig-Holstein existierte, bekam endlich einen bundesweiten Rahmen.

Virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Sportwetten durften legal angeboten werden, solange die Anbieter eine deutsche Lizenz vorweisen konnten. Damit war das Versprechen verbunden, endlich Ordnung in ein Feld zu bringen, das vorher zwischen Auslandslizenzen und deutschem Verbot hin- und herschwankte.

Doch wer dachte, dass damit freie Fahrt für alle gezockten Spins und Karten gegeben wäre, irrte. Der Vertrag war streng, vielleicht sogar strenger, als es viele Spieler erwartet hätten. Monatliche Einzahlungslimits von 1000 Euro, eine erzwungene fünfsekündige Pause zwischen zwei Automatenspielen, Einsatzbegrenzungen auf maximal einen Euro pro Spin, ein Autoplay-Verbot und detaillierte Trennung von Wallets machten die neuen Plattformen zu einer Art kontrollierter Erlebniswelt.

Auch verschiedene Casino Aktionen, wie großzügige Boni ohne Einzahlung oder progressive Jackpots, fallen in Deutschland aufgrund der Regulierung deutlich nüchterner aus. Tischspiele wie Roulette oder Blackjack blieben sogar in vielen Bundesländern außen vor, weil diese gesondert vergeben werden sollten.

Die Rolle der Glücksspielbehörde

Seit Januar 2023 ist die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder, kurz GGL, das neue Machtzentrum über alle Würfel, Karten und Spins im Netz. Sie vergibt Lizenzen, überwacht Werbung, schreitet gegen illegale Anbieter ein und betreibt eine Whitelist, die die legalen Plattformen transparent macht.

Die Behörde hat seither einige sichtbare Pflöcke eingeschlagen. Webseiten ohne Lizenz wurden abgemahnt, Werbeanzeigen bei großen Suchmaschinen blockiert und auch Zahlungsdienstleister angehalten, illegale Zahlungen zu unterbinden. Spieler können auf der GGL-Seite nachschauen, welche Anbieter tatsächlich legal sind. Damit liegt zum ersten Mal eine Institution über dem Markt, die nicht nur beaufsichtigt, sondern auch aktiv eingreift.

Die Realität zeigt jedoch: Gegen internationale Anbieter, die ihre Server auf exotischen Inseln betreiben, ist auch eine deutsche Behörde nicht immer mächtig genug. Die Sperrung von Webseiten und Zahlungen funktioniert in manchen Fällen, aber längst nicht durchgehend.

Legale Anbieter versus Schwarzmarkt

Das große Versprechen der Regulierung war die sogenannte Kanalisierung: Spieler sollten bewusst von illegalen Seiten weg und hin zu legalen Plattformen gelotst werden. Ein nobler Plan, der auf dem Papier logisch klingt. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache.

Der Schwarzmarkt boomt weiterhin. Studien und Branchenberichte zeigen, dass in Deutschland monatlich Millionen Zugriffe auf Anbieter erfolgen, die keine deutsche Lizenz besitzen.

Mitunter übersteigen die Besucherzahlen der illegalen Seiten die Zugriffe auf legale Angebote. Das liegt vor allem an der Attraktivität: Wer dort spielt, findet ein größeres Portfolio, keine starren Einsatz- oder Zeitbegrenzungen und oft höhere Boni. Für viele Nutzer ist das verlockender, auch wenn es rechtlich problematisch ist.

Hier zeigt sich die Krux der Legalisierung: Die strengen Regeln sichern zwar einen hohen Spielerschutz, machen die legale Welt aber weniger attraktiv. Wer es bunter und freier mag, wandert ab. Genau das, was eigentlich verhindert werden sollte.

Spielerschutz in der Praxis

Damit niemand behaupten kann, die Politik hätte beim Spielerschutz weggeschaut, wurden gleich mehrere Instrumente eingebaut. Herzstück ist die OASIS-Sperrdatei. Wer dort eingetragen ist, sei es freiwillig oder auf Antrag einer Behörde, hat keine Chance mehr, legal zu spielen. Diese Sperre gilt für alle regulierten Anbieter und soll verhindern, dass Spielsüchtige weiter Geld verlieren.

Dazu kommt der sogenannte Panikknopf, eine Art Not-Aus, mit dem sich Spieler sofort für 24 Stunden sperren lassen können. Einzahlungslimits und strenge Einsatzgrenzen komplettieren das Bild. Die Spielmechanik selbst ist ebenfalls durchreguliert: Jeder Spin braucht fünf Sekunden, Autoplay ist verboten, parallele Spiele sind nicht erlaubt.

Kritiker sagen jedoch, dass gerade diese Maßnahmen die Attraktivität killen. Wer beim Roulette zwischen zwei Spins warten muss, fühlt sich nicht geschützt, sondern eher genervt. Die Folge: Spieler suchen nach Wegen, die Limits zu umgehen, oder landen gleich bei Anbietern ohne deutsche Lizenz. Damit verpufft der Schutz in Teilen. Ein Dilemma, das den Kern der Debatte ausmacht.

Was über Spielsucht gesagt wird

Kaum ein Bereich ist so sensibel wie die Diskussion über Spielsucht. Offizielle Stellen sprechen mittlerweile von über einer Million Menschen in Deutschland, die betroffen oder gefährdet sind. Doch nicht alle Fachleute sind überzeugt, dass die Zahlen so eindeutig sind. Manche verweisen auf methodische Schwächen bei den Erhebungen oder darauf, dass frühere Studien deutlich geringere Werte gezeigt haben.

Das Bild ist also unscharf. Fest steht aber: Online-Glücksspiel birgt ein höheres Risiko, weil es jederzeit verfügbar ist und keine sozialen Kontrollmechanismen existieren. Wer nachts um drei noch eine Spielrunde starten möchte, kann das tun. Zumindest, solange keine Sperre greift.

Ob die Regulierung den Anstieg wirklich bremst, ist schwer zu messen. In der Öffentlichkeit hat sich jedenfalls die Wahrnehmung durchgesetzt, dass Spielsucht ein wachsendes Problem ist.

Von der Hoffnung zur Ernüchterung

Ein Blick auf die Bilanz zeigt ein gemischtes Bild. Positiv ist, dass es überhaupt eine rechtliche Grundlage gibt, die Klarheit schafft. Spieler wissen nun, welche Plattformen sicher sind, Anbieter haben verbindliche Regeln, und eine Behörde überwacht das Ganze. Auch die Transparenz hat gewonnen, etwa durch die Whitelist, die illegale Anbieter klar abgrenzt.

Doch die große Hoffnung, den Schwarzmarkt auszutrocknen, hat sich bisher nicht erfüllt. Im Gegenteil, die Besucherzahlen dort steigen weiter. Viele Spieler empfinden die legalen Angebote als zu streng reglementiert und wandern ab. Das schwächt nicht nur die legale Branche, sondern macht auch den Spielerschutz teilweise wirkungslos.

Die Politik steht daher vor der Frage, ob der Staatsvertrag nachjustiert werden muss. Mehr Attraktivität für legale Anbieter, vielleicht flexiblere Limits oder eine breitere Spielauswahl könnten helfen, die Kanalisierung besser zu erreichen.

Gleichzeitig muss die Aufsicht weiter verschärft werden, um illegale Angebote stärker einzudämmen. Die Legalisierung hat also vieles erreicht, aber noch lange nicht alles. Mit klaren Fortschritten und ungelösten Problemen bleibt ein Spannungsfeld, das die kommenden Jahre prägen wird.

Woran seriöse Angebote erkannt werden“

Wie lässt sich erkennen, ob ein Anbieter tatsächlich legal ist? Ein Blick auf die Whitelist der GGL gibt die schnellste Antwort. Steht die Domain dort, ist das Angebot reguliert. Außerdem fällt auf, dass legale Anbieter stets Hinweise auf OASIS, Einzahlungslimits und Selbstsperrfunktionen bereithalten.

Auch die Spielmechanik verrät einiges: Fehlt ein Autoplay-Modus, kostet jeder Spin mindestens fünf Sekunden und die Einsatzhöhe ist gedeckelt, dann spricht viel für ein lizenziertes Angebot.

Vorsicht ist geboten, wenn ein Casino mit aggressiven Boni lockt, nur Kryptowährungen akzeptiert oder ein exotisches Lizenzland im Impressum auftaucht. Fehlt der Hinweis auf deutsche Behörden oder taucht kein Jugendschutzlogo auf, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um einen legalen Anbieter.