Berlin: Nachdem die Tuberkulose-Fallzahlen in Deutschland mehrere Jahre stagnierten, wurden dem Robert Koch-Institut 2015 insgesamt 5.865 Fälle übermittelt, nach 4.533 im Jahr 2014 und 4.325 im Jahr 2013. Höher war diese Zahl zuletzt mit 6.030 Fällen im Jahr 2005. "Trotz des Anstiegs der Tuberkulose-Fallzahlen ist das Infektionsrisiko innerhalb der Allgemeinbevölkerung unverändert sehr gering" sagt Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, anlässlich des Welttuberkulosetags am 24. März.
Nach wie vor ist ein großer Teil (knapp 30 Prozent) der Tuberkulosepatienten in Deutschland geboren. Der deutliche Anstieg der Erkrankungszahlen im Jahr 2015 gegenüber 2014 geht in erster Linie auf die aktive Fallfindung bei der gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchung von Asylsuchenden zurück. Viele Asylsuchende kommen aus Ländern mit hohen Tuberkuloseraten und haben daher ein höheres Erkrankungs-risiko. Die aktive Fallsuche dient dazu, Tuberkulose frühzeitig zu entdecken und er-krankte Personen zu behandeln und so auch eine Weiterverbreitung zu verhindern. Die Zahl der Tuberkulosen, die durch die Untersuchung von Asylsuchenden nach §36 Infektionsschutzgesetz diagnostiziert wurden, betrug nach den dem Robert Koch-Institut aktuell vorliegenden Zahlen für das Jahr 2015 1.255 Fälle. Im Jahr 2014 waren es 425, gut doppelt so viele wie 2013 (198 Fälle). "Die Anstrengungen für die frühe Erkennung, Behandlung und Vermeidung von Tuberkulose sind daher wichtiger denn je", unterstreicht Lothar H. Wieler, "Die Gesundheitsämter müssen dafür ausreichend ausgestattet sein", betont Wieler.
Eine ausführliche Auswertung der Tuberkulose-Situation für das Jahr 2014 enthält der "Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2014", den das Robert Koch-Institut im Dezember 2015 veröffentlicht hat.
Gefährdet für eine Ansteckung sind in erster Linie enge Kontaktpersonen von Er-krankten, nach längerem oder wiederholtem Kontakt. Das Ansteckungsrisiko nach einmaligem, kurzem Kontakt ist dagegen sehr gering. Auch gilt, dass nicht jeder Tuberkulose-Erkrankte zwangsläufig infektiös ist. Bei knapp der Hälfte aller Tuberkulosepatienten liegt keine ansteckende, offene Lungentuberkulose, sondern eine andere Form der Tuberkulose vor.
Unverändert wichtig sind daher auch die Umgebungsuntersuchungen, eine weitere Form der aktiven, frühen Fallfindung und Prävention bei engen Kontaktpersonen im Umfeld infektiöser Patienten. Grundsätzlich können aktive Fallfindungsmaßnahmen allerdings nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn die dabei entdeckten Erkrankungen anschließend erfolgreich behandelt werden. Die Sicherstellung einer effizienten und vollständigen Therapie einschließlich der Übermittlung des Therapieergebnisses ist von großer Bedeutung für eine wirksame Tuberkulosekontrolle und erfordert eine koordinierte Zusammenarbeit von allen Beteiligten.
Eine vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell unterstützte Tagung in Berlin im Vorfeld des Welttuberkulosetags ist seit einigen Jahren ein Forum für Gesundheitsämter, Praxen, Kliniken und Laboratorien zum Austausch über die Herausforderungen in der Tuberkulose-Bekämpfung. Veranstalter sind neben dem Robert Koch-Institut das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (das die dies-jährige Tagung federführend organisiert) und das Nationale Referenzzentrum für Mykobakterien am Forschungszentrum Borstel. Die diesjährige Tagung am 14. März 2016 widmet sich thematisch "Tuberkulose und Migration".