Walluf: Steuern und Abgaben machen inzwischen deutlich mehr als die Hälfte des Strompreises aus. Rechnet man die staatlich regulierten Entgelte für die Netzbetreiber hinzu, dann bestimmt der Staat mittlerweile fast vier Fünftel des Strompreises.

Es gilt als sicher, dass dieser Anteil in den kommenden Jahren weiter steigen wird - die Energiewende fordert ihren Preis. Für Stromkunden gibt es nur eine Möglichkeit, die Preisschraube aufzuhalten: Sie sollten zu günstigeren Anbietern wechseln, die ihre Preiskalkulation offenlegen.

Ein Gedankenexperiment: Stellen Sie sich Ihre Stromrechnung des laufenden Jahres vor und teilen Sie diese in 365 Tage auf. In den ersten 204 Tagen des Jahres, bis zum 23. Juli, haben Sie nur für die Steuern und Abgaben bezahlt. Das entspricht 56 Prozent des Gesamtbetrags.

Weitere 84 Tage (23 Prozent der Gesamtrechnung) sind für die staatlich regulierten Netzentgelte nötig, die der Stromanbieter an die Betreiber der Stromnetze zu entrichten hat. Der fiktive Stichtag hierfür ist der 15. Oktober. Erst von diesem Datum an bezahlt der Kunde tatsächlich für den Strom und dessen Vertrieb. Damit macht die Energie nur 21 Prozent an der Gesamtrechnung aus, oder 77 Tage eines Jahres.

EEG, KWK und NEV - Sonderabgaben tragen viele Namen

Die im Strompreis enthaltenen Steuern und Abgaben tragen viele Namen: Mehrwertsteuer und Stromsteuer dürften jedem einigermaßen geläufig sein. Hinzu kommen die Konzessionsabgabe, EEG-Umlage, KWK-Aufschlag, Umlage nach Paragraf 19 NEV und die so genannte Offshore-Haftungsumlage.

"Nach der Atomkatastrophe von Fukushima wollte eine große Mehrheit der Deutschen die Energiewende. Mit den zahlreichen Sonderabgaben legt der Staat letztlich die Mehrkosten der Energiewende auf den Verbraucher um", erläutert Jozua Knol, Geschäftsführer des Stromanbieters Gazprom Energy aus dem hessischen Walluf. "Auch wenn es niemand gerne laut sagt: Die Umstellung von Atomkraft und fossilen Brennstoffen auf regenerative Energien wie Wind und Sonne kostet die Verbraucher - Haushalte wie Unternehmen - viele Milliarden Euro."

Und die staatlichen Abgaben steigen immer weiter: So erhöht sich die Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien im kommenden Jahr um 0,963 Cent auf 6,240 Cent je Kilowattstunde. Diese so genannte EEG-Umlage zahlen fast alle Stromkunden, Ausnahmen gibt es lediglich für Großverbraucher in der Industrie. Privathaushalte mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr müssen aufgrund der Anhebung der EEG-Umlage etwa 3,30 Euro pro Monat mehr bezahlen als bislang. Für gewerbliche Stromkunden fällt die Kostensteigerung je nach Verbrauch deutlich stärker aus.

Auch die anderen Umlagen werden in der Regel jährlich vom Gesetzgeber angepasst. "Der Steuer- und Abgabenanteil wird voraussichtlich in den kommenden Jahren weiter steigen", ist sich Jozua Knol von Gazprom Energy sicher. "Aus heutiger Sicht muss man davon ausgehen, dass sich die Preisschraube weiter drehen wird, ohne dass wir als Stromanbieter das beeinflussen können."

Bedeutet das für die Verbraucher, dass sie den drohenden weiteren Preisanstieg tatenlos hinnehmen müssen? Diese Frage beantwortet Knol mit einem klaren Nein: "Der Wechsel zu einem günstigeren Anbieter kann privaten Haushalten mehrere hundert Euro Ersparnis im Jahr bringen - gewerbliche Stromabnehmer mit höherem Verbrauch sparen entsprechend mehr." Mit einem Anbieterwechsel lasse sich der staatlich verordnete Preisanstieg zwar nicht umdrehen, aber zumindest deutlich dämpfen, versichert der Gazprom-Energy-Chef.

Vorsicht bei Vorauskasse-Angeboten

Insbesondere lohne sich ein Wechsel, wenn man den Grundversorgertarif in Anspruch nimmt, so Knol. "Dieser Tarif ist fast immer der teuerste, hat aber zugleich kurze Kündigungsfristen." Wechselwillige sollten darauf achten, dass der neue Versorger die Zusammensetzung seiner Preise offenlegt. Angesichts der komplizierten Preisstruktur sei Transparenz ein "absolutes Muss".

Zu warnen sei allerdings vor so genannten Prepaid-Tarifen, bei denen der Stromkunde im Voraus eine bestimmte Strommenge zu festen Preisen kauft. "Vorauskasse bedeutet, dass der Stromkunde bei einer möglichen Insolvenz des Anbieters das volle Risiko trägt", erläutert Knol. Deshalb sei dieses Geschäftsmodell "nicht seriös".

Mehr Informationen und Tarifrechner unter:

www.gazprom-energy.de

Kostenfreie Hotline für Geschäftskunden: 0800 - 5 12 22 22

Für Privatkunden: 0800 - 7 37 76 66