Sumatra: Am zweiten Weihnachtstag jährt sich zum zehnten Mal die Tsunamikatastrophe infolge des Erdbebens im Indischen Ozean. Sein Epizentrum lag etwa 85 km vor der Nordwestküste Sumatras. Der ausgelöste Tsunami verwüstete die Küsten der östlichen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans und forderte etwa 230000 Tote (darunter 537 Deutsche), 110000 Schwerverletzte und 1,7 Millionen Obdachlose.

Auch die ökologischen, kulturellen und materiellen Schäden sind unermesslich. Als Tsunami (jap. "Hafenwelle") bezeichnet man eine sich rasch fortpflanzende Meereswoge, die durch ein Erdbeben auf dem Meeresgrund (Seebeben) ausgelöst wird. Ihre Entstehung hat nichts mit dem Wechsel zwischen Ebbe und Flut (Gezeiten) zu tun, ebenso wenig spielt der Wind eine Rolle. Weiterhin dürfen sie nicht mit den sog. "Monsterwellen" (auch als Riesenwellen, Kaventsmänner oder engl. Freakwaves bezeichnet) verwechselt werden. "Monsterwellen" sind selten auftretende Teile im Spektrum des Seeganges, das sich stets aus Wellen unterschiedlicher Richtung und Länge (und damit Ausbreitungsgeschwindigkeit) zusammensetzt.

Tsunamis haben ihre Ursache meistens in Hebungen und Senkungen des Meeresbodens nach Seebeben, ein weitaus geringerer Teil infolge von Vulkanausbrüchen, küstennahen oder unterseeischen Bergstürzen und Meteoriteneinschlägen. Dem am 26.12.2004 die Küsten vieler Anrainerstaaten des Indischen Ozeans verheerenden Tsunami ging um 00:58:53 UTC, also morgens kurz vor 8 Uhr Ortszeit, ein Seebeben mit Schwerpunkt bei 3,3°N und 95,9°E in etwa 30 km Tiefe voraus. An der Subduktionszone zwischen Eurasischer und Indo-Australischer Platte, die mit einer Geschwindigkeit von ca. 6 bis 8,5 cm pro Jahr aneinander vorbeidriften, entluden sich die durch Scherung aufgebauten Spannungen in einem Beben der Stärke 9,1 auf der nach oben offenen Richter-Skala. Spätere Untersuchungen lassen auf eine ca. 1600 km lange Zone entlang des nördlichen Sunda-Grabens als Epizentrum schließen. Nach Modellexperimenten hätte eine punktförmige Quelle niemals eine derartige Zerstörungskraft entfalten können. Die frei gewordene Energie entsprach einem Äquivalent von 32 Gigatonnen TNT bzw. der Hälfte des jährlichen Energieverbrauches der USA. Damit war das sog. Sumatra-Andamanen-Beben das zweitstärkste seit Beginn seismischer Messungen, in der Folgezeit registrierte man noch mehrere z.T. heftige Nachbeben. Die Primärwellen des Bebens breiteten sich longitudinal, also in Schwingungsrichtung, mit einer Geschwindigkeit von ca. 10 km/sec aus und erreichten europäische Seismographen nach etwa 12 min. Die transversal, also quer zur Ausbreitungsrichtung schwingenden Sekundärwellen benötigten für die gut 7000 km nach Europa eine Laufzeit von ca. 42 min. Demgegenüber bewegte sich die durch ruckartige Versetzung ins Schwingen geratene, gigantische Wassermasse deutlich langsamer, der entstandene Tsunami breitete sich mit etwa 700 km/h aus, andere Schätzungen sprechen von 900 km/h. Dabei traf in manchen Gebieten zunächst ein Wellental die Küste, das erklärt die vielen Augenzeugenberichte vom zurückweichenden Meer. Anderswo erreichten bis zu sechs Flutwellen mit steigender Wellenhöhe die Küsten und drangen unter teilweise großer Zerstörungswirkung ins Landesinnere vor. Beispielsweise in Banda Aceh, einer Stadt auf der indonesischen Insel Sumatra, beobachtete man unmittelbar am Strand Wellen von circa 10 m Höhe, weiter stadteinwärts immer noch von 3 m Mächtigkeit. Die unmittelbar an der Küste gelegenen, nördlichen Stadtteile wurden nahezu vollständig vernichtet. Wahrscheinlich gab es allein in Banda Aceh fast 60000 Tote.