Düsseldorf: Zu oft beobachten Autofahrer bei Unfällen auf der Gegenfahrbahn der Autobahn mehr das Unfallgeschehen als auf die eigene Fahrt zu achten. Auch fotografierende oder filmende Autofahrer wurden bereits beobachtet. Damit gefährden sie nicht nur sich und andere Verkehrsteilnehmer, sie verletzten auch das Persönlichkeitsrecht von Unfallopfern und Helfern. Durch Bremsmanöver kommt es zu gefährlichen Situationen einschließlich Auffahrunfällen und Staus, einzig weil Gaffer sich vom Geschehen auf der Gegenfahrbahn ablenken lassen. Das soll jetzt anders werden.
Die nordrhein-westfälische Straßenbauverwaltung hat insgesamt zwölf mobile Sichtschutzsysteme beschafft, mit denen bei Unfällen die Sicht auf den Ort des Geschehens verstellt werden kann. Rund 470.000 Euro aus Bundesmitteln wurden dafür investiert. NRW ist das erste Bundesland, in dem Sichtschutzzäune für das ganze Autobahnnetz zur Verfügung stehen. Landesverkehrsminister Michael Groschek präsentierte jetzt gemeinsam mit Straßen.NRW-Hauptgeschäftsführer Winfried Pudenz die mobilen Wände in der Straßen.NRW-Autobahnmeisterei Kaarst.
Jedes der zwölf Systeme besteht aus einem Anhänger mit 40 einzelnen Stahlrahmen (aufgestellt jeweils 2,5 Meter lang und 2,1 Meter hoch), in denen eine grüne, blickdichte Folie verspannt ist. Vor Ort können die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei damit eine bis zu 100 Meter lange, undurchsichtige Wand errichten. Mit den zwölf Anhängern, die bei den Autobahnmeistereien stationiert sind, wird das rund 2.200 Kilometer umfassende Autobahnnetz in NRW komplett abgedeckt.
„Die Sichtschutzzäune sind ein Element, um Staus und Unfälle zu vermeiden. Schaulustige oder Autofahrer, die sich reflexartig vom Geschehen auf der Gegenfahrbahn ablenken lassen, bekommen nichts mehr zu sehen. Gleichzeitig werden die Persönlichkeitsrechte von Unfallopfern und Rettungskräften geschützt. Es ist gut, dass Straßen.NRW dieses System zusammen mit der Polizei getestet und ausgewertet hat und dass die Sichtschutzelemente jetzt für alle Autobahnabschnitte verfügbar sind“, sagte Verkehrsminister Michael Groschek.
Das System, das ursprünglich aus den Niederlanden stammt, wurde in einer einjährigen Pilotphase im Streckennetz der Autobahnmeisterei Kaarst getestet. Dabei kam es insgesamt sieben Mal zum Einsatz.
„Wenn es für die anderen Verkehrsteilnehmer durch die grüne Wand im wahrsten Sinne des Wortes nichts zu sehen gibt, haben sie auch keinen Anlass, ihre Neugier zu befriedigen“, erläuterte Winfried Pudenz, Hauptgeschäftsführer von Straßen.NRW. „Das Pilotprojekt hat gezeigt, dass dieser Grundgedanke nicht nur theoretisch funktioniert. Der Verkehr fuhr bei den Tests flüssiger am Unfallort vorbei, da die Autofahrer nicht abgelenkt waren. Staus bauten sich nach dem Errichten der Wände schneller wieder ab. Hinzu kommt ein psychologischer Effekt: Polizei-, Rettungs- und Bergungskräfte, die hinter dem Sichtschutz tätig waren, fühlten sich subjektiv sicherer.“
Über den Einsatz einer Sichtschutzwand nach einem Unfall entscheidet die Einsatzleitung der Polizei vor Ort, die abschätzen muss, wie lange Rettung und Räumung an der Unglücksstelle voraussichtlich dauern werden. Je nach Tageszeit und Unfallstelle kann es bis zu 100 Minuten dauern, bis die Elemente vor Ort und aufgebaut sind. Standsicher sind die Elemente bis zur Windstärke fünf. Stationiert sind die neuen Systeme in Zukunft auf den Autobahnmeistereien in Dortmund, Herford, Isselburg, Kaarst, Leverkusen, Lüdenscheid, Münster, Ratingen, Recklinghausen, Titz, Weilerswist und Werl.
(c) Bilder Straßen NRW