Düsseldorf: Kurz vor der Verabschiedung des Bundeshaushalts 2015 hat Verkehrsminister Michael Groschek seine Forderung an den Bund bekräftigt, mehr Geld für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zur Verfügung zu stellen. Weil der Bund bislang keine Erhöhung der Regionalisierungsmittel eingeplant hat, befürchtet Groschek gravierende Folgen für die Bus- und Bahnkunden in Deutschland. Hintergrund ist die anstehende Revision des Regionalisierungsgesetzes. Die Regionalisierungsmittel des Bundes sind die wichtigste Finanzierungsquelle für den ÖPNV.
Groschek kritisiert, dass Bundesfinanzminister Schäuble den ausgeglichenen Haushalt über die Interessen von Millionen Bürgerinnen und Bürgern stellt: „Natürlich ist es richtig zu sparen und keine neuen Schulden zu machen. Dies darf aber nicht auf dem Rücken von Millionen Pendlern und Reisenden geschehen. Der Bundesfinanzminister benutzt die Pendler, um seine Position im Bund-Länder-Finanzausgleich zu verbessern. Wenn der Bund nicht zusätzliche Mittel bereitstellt, wird das den ÖPNV in NRW und in ganz Deutschland schwer zurückwerfen. Das kann Herr Schäuble nicht wirklich wollen!“ Außerdem muss der Bund die Höhe der Finanzmittel nach dem geltenden Regionalisierungsgesetz in diesem Jahr mit Wirkung ab 2015 neu festlegen.
Während morgen im Bundestag der Haushalt verabschiedet wird, wird im Bundesrat der Gesetzentwurf der Länder zu den Regionalisierungsmitteln auf den Weg gebracht. Die Einbringung des Gesetzentwurfs von Schleswig-Holstein wird voraussichtlich von allen Bundesländern mitgetragen. Der Gesetzentwurf sieht ab dem kommenden Jahr eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel um eine Milliarde Euro vor, außerdem einen Anstieg der jährlichen Dynamisierungsrate von derzeit 1,5 auf mindestens zwei Prozent sowie einen veränderten Verteilerschlüssel.
Groschek hatte sich bereits Anfang Oktober mit seinen Länderkollegen bei der Verkehrsministerkonferenz in Kiel auf einen neuen Verteilerschlüssel verständigt. Demnach soll der Anteil von Nordrhein-Westfalen an den Mitteln für den ÖPNV schrittweise auf 18,99 Prozent erhöht werden. Bisher erhält NRW nur einen Anteil von 15,76 Prozent. Die Verkehrsminister und-senatoren hatten auch die Erhöhung der Mittel von derzeit jährlich etwa 7,3 Milliarden Euro auf 8,5 Milliarden Euro sowie eine jährliche Erhöhung der Mittel um mindestens zwei Prozent gefordert. Gerade die von den Eisenbahnen zu zahlenden Preise für die Trassennutzung und das Anfahren der Stationen sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen.
Wenn der Bund den Beschluss der Verkehrsministerkonferenz 1:1 umsetzt, bedeutet das im Vergleich zu den 1,15 Milliarden Euro, die NRW in diesem Jahr erhält: NRW soll bereits im nächsten Jahr 200 Millionen mehr bekommen, 2017 knapp 350 Millionen Euro mehr. Und 2019 sollen eine halbe Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich nach NRW fließen.
Von den 1,15 Milliarden Euro Regionalisierungsmitteln werden rund 947 Millionen Euro zur Finanzierung des Leistungsangebotes im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) eingesetzt. Die übrigen Mittel werden zur Finanzierung von Investitionen und weiteren Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV verwendet.
Ohne eine deutliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel für NRW wären die Kostensteigerungen im Betrieb des Regionalverkehrs nicht mehr ohne Leistungseinschränkungen aufzufangen. Außerdem sind folgende Konsequenzen zu befürchten:
- Dringend erforderliche Maßnahmen zur Engpassbeseitigung können derzeit nicht finanziert werden. Der von der Landesregierung initiierte SPNV-Beirat hat dazu eine Liste notwendiger Maßnahmen mit einem Finanzierungsbedarf von annähernd 1,9 Milliarden Euro zusammengestellt, deren Mitfinanzierung durch das Land eingefordert wird. Dazu gehören neben den Knoten Köln und Dortmund zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Stabilität im gesamten S-Bahn-Netz sowie die Beseitigung problematischer Bahnübergänge.
- Auch für die Erhaltung der Straßen- und Stadtbahnsysteme in Nordrhein-Westfalen besteht ein erheblicher Finanzierungsbedarf. Eine im Auftrag des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen erarbeitete und von der ÖPNV-Zukunftskommission NRW aufgegriffene Studie beziffert den Nachholbedarf allein bis 2016 auf 1,1 Milliarden Euro und bis 2025 auf weitere zwei Milliarden Euro.