Jülich / Hannover: Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle im Energiesystem der Zukunft, das zum Großteil auf erneuerbaren Energien basieren soll. Jülicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen auf der Hannover Messe (13.-17. April 2015) grundlegende Komponenten für die Herstellung und Nutzung des vielseitig verwendbaren Energieträgers vor.

In Halle 27, Stand D68 informieren sie über Fortschritte bei der Entwicklung von PEM-Elektrolyseuren, die speziell auf den Betrieb mit überschüssigem Ökostrom zugeschnitten sind. Daneben ist das Forschungszentrum am Gemeinschaftsstand NRW (Halle 2, Stand B30) mit einem rüttelfreien Steuerungsmechanismus für Rastertunnelmikroskope vertreten.

Die Energiewende erfordert Technologien, mit denen sich die Schwankungen von Wind- und Sonnenstrom abfedern lassen. Für die Überbrückung längerer Zeiträume bietet sich vorrangig Wasserstoff an: der universell einsetzbare Energieträger kann etwa in Salzkavernen für die spätere Rückverstromung zwischengelagert werden, in ein taugliches Gasnetz eingespeist oder zu flüssigen Kraftstoffen weiterverarbeitet werden. Fahrzeuge, die mit entsprechenden Brennstoffzellen ausgestattet sind, können Wasserstoff auch direkt als Treibstoff nutzen.

Herstellungsverfahren für "grünen" Wasserstoff

Ein vielversprechendes Elektrolyseverfahren, das Wissenschaftler des Forschungszentrums derzeit erarbeiten, soll es künftig ermöglichen, Wasserstoff mit "grünem" Strom in großen Mengen herzustellen. Der Strom aus Windkraft- und Solaranlagen schwankt sehr stark. Um das Auftreten von Netzstörungen zu vermeiden, werden zusätzliche Einrichtungen benötigt, die schnell auf die sprunghaften Schwankungen reagieren können. "PEM-Elektrolyseure arbeiten in einem weiteren Lastbereich als klassische alkalische Verfahren. Sie haben eine höhere Leistungsdichte und benötigen keine bedenklichen Chemikalien. Aus diesen Gründen eignen sie sich besonders für den Betrieb mit überschüssigem Ökostrom", erläutert Dr. Bernd Emonts vom Institut für Energie und Klimaforschung, Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3).

Bei dem Verfahren wird Wasser an zwei Katalysator-belegten Elektroden, die durch eine protonenleitende Membran (PEM) getrennt sind, in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Die PEM-Elektrolysezelle ist also praktisch eine umgekehrt betriebene Brennstoffzelle. Für den wirtschaftlichen Einsatz ab 2030 besteht allerdings noch Verbesserungsbedarf: in erster Linie die Reduktion der üblicherweise als Katalysatormaterial verwendeten Platingruppenmetalle, welche die Kosten in die Höhe treiben. Zudem gilt es, stabilere Membrantypen für Großsysteme zu entwickeln.

Wasserstoff-Lösungen im Praxistest

Neben den materialwissenschaftlichen Grundlagen haben die Forscher bereits die nächsten Schritte im Blick, um das Verfahren in die großtechnische Anwendung zu überführen. Im Projekt HYPOS planen sie gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie eine Pilotanlage, mit der die Produktion, Speicherung und der Transport von "grünem" Wasserstoff in direkter Anbindung an eine Windkraftanlage getestet werden soll. Darüber hinaus erforschen sie im Energy Lab 2.0 gemeinsam mit dem federführenden Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), wie gut sich Wasserstoff als Energiespeicher in das künftige Energiesystem einbinden lässt.

Am Gemeinschaftsstand "Hydrogen + Fuel Cells + Batteries" können Interessierte mehr über den aktuellen Stand der Forschung erfahren: nicht nur zur PEM-Elektrolyse sondern auch zur Entwicklung von Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff und auch anderen Kraftstoffen hocheffizient Energie für unterschiedliche Anwendungen liefern können.

Multimeter für die Nanowelt

Am Gemeinschaftsstand NRW stellen Forscher des Jülicher Peter Grünberg Instituts zudem eine Erfindung vor, die mit Brennstoffzellen eine besondere Laufruhe gemein hat. Mithilfe eines speziellen Motors, genannt KoalaDrive®, können Rastertunnelmikroskope auch ohne teure Schwingungsdämpfung atomare Genauigkeit erzielen. Der patentierte Antriebsmechanismus erinnert an den Kletterstil des Koalas und arbeitet im Gegensatz zur konventionellen Technik komplett rüttelfrei.

KoalaDrive
Copyright: Forschungszentrum Jülich

"Wegen der kleinen Abmessungen lassen sich mehrere Spitzen in atomaren Dimensionen zusammenbringen. Das ist wichtig, wenn man elektrische Größen wie Spannung, Stromfluss und Widerstand erfassen möchte. Man kann sich das vorstellen wie ein Multimeter auf der Nanoskala", erklärt Prof. Bert Voigtländer. In der Ausgründung mProbes entwickelt er entsprechende technische Lösungen neben seiner Forschungstätigkeit am Forschungszentrum weiter. Der sogenannte Nanopositionierer mit mehreren Spitzen ist unter anderem für die einzelne Vermessung von Transistoren auf einem Computerchip interessant: zum Beispiel bei der elektrischen Fehleranalyse in der Halbleiterfertigung, wo aufgrund der immer kleineren Strukturen immer höhere Auflösungen benötigt werden.

Weitere Informationen:

Forschungszentrum Jülich auf der Hannover Messe

Gemeinschaftsstand "Hydrogen + Fuel Cells + Batteries"

Forschung am Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung, Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3)

KoalaDrive® am Jülicher Peter Grünberg Institut, Functional Nanostructures at Surfaces (PGI-3)

Ausgründung mProbes